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armin-risi.ch · Triskele
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Armin Risi
Philosoph • Autor • Referent
Radikal umdenken – neue Wege und Weltbilder

Verschlußsache Jesus?

Über die Qumran-Rollen, falsche Behauptungen,
deren Urheber und die Hintergründe:
Jesus und die Verwandlung der Materie

Eine kritische Analyse von Armin Risi

Weil die Person Jesu als „Christus“ (griechische Übersetzung des hebräischen Wortes Masiha, „Messias“) eine zentrale Rolle in der Transformation der Erde innehat, ist es nicht verwunderlich, daß gerade diese Person von verschiedener Seite angegriffen und unglaubwürdig gemacht wird, einerseits durch Verabsolutierungen und institutionelle Vereinnahmungen, andererseits durch Profanisierung und Entspiritualisierung (= materalistische Umdeutung). Letzteres ist das Thema der vorliegenden Ausführungen. Sie entstanden während der Arbeit für das Buch Machtwechsel auf der Erde, wurden dann aber, weil sie den Rahmen gesprengt hätten, nicht ins Buch aufgenommen.
Profanisierung der Person Jesu

Grundlage vieler materialistischer Sichtweisen der Person Jesu ist die Behauptung, Jesus sei kein religiöser Messias gewesen, sondern ein weltlicher, politischer „Gesalbter“ im Sinne eines Freiheitskämpfers gegen die Römer, der dann aber offensichtlich gescheitert sei; die religiöse Verbrämung und Hochstilisierung zu einem religiösen Messias und zu einem Erlöser der Seelen sei erst später vollzogen worden, hauptsächlich durch eine Verschwörung von seiten der römischen Kirche und zuallererst von Saulus, der zum Paulus wurde.

Was ist von dieser Theorie zu halten?

Tatsächlich hat Paulus Jesus nie während dessen irdischer Präsenz getroffen, sondern begegnete ihm in einer Vision des auferstandenen Lichtkörpers, ähnlich wie Jesus auch den anderen Aposteln während der vierzig Tage nach der Auferstehung mehrmals erschienen war. Dem Christenverfolger Saulus, der sich zum Paulus bekehrte, wurden in Visionen auch tiefere Hintergründe des „Menschensohnes“ Jesu offenbart: seine kosmische Identität als der erstgeborene Sohn Gottes, der als Sohn unter den Menschen erschienen, und seine entscheidende Rolle in der durch ihn, Jesus, initiierten Transformation der Erde. Aufgrund dieser Erfahrungen und Einblicke wies Paulus in seinen Briefen (den echten; einige wurden in seinem Namen gefälscht) kompromißlos auf die einzigartige spirituelle Stellung Jesu hin und warnte auch deutlich vor den kommenden falschen Propheten und weltlichen Mächten, die mit satanischem Geist nach Weltherrschaft streben. Dies wurde Jahrzehnte später von Jesus selbst in seiner apokalyptischen Offenbarung auf Patmos bestätigt und um viele Zusatzinformationen erweitert. In dieser Geheimen Offenbarung wird auch eine Entrückung der Gläubigen erwähnt, wenn in der Endzeit die Not und Drangsal und auch die Verfolgung unerträglich wird. Genau dies hatte auch Paulus Jahrzehnte zuvor gesehen und in seinen Worten und Briefen verheißen, ähnlich wie Jahre zuvor Jesus selbst, u. a. in seinen Reden auf die Endzeit (Mt 24, Mk 13, Lk 17 und 21). Hinzu kommt, daß Paulus medial begabt und tätig war. „Reden aus Eingebung“ waren Kern und Lebensquell aller urchristlicher Gemeinden. Auch in diesem Sinn war Paulus ein Werkzeug Jesu.

Aus einem Brief des Paulus stammt auch folgende berühmte Stelle:
„Seht darauf, daß keiner Böses mit Bösem vergelte. Strebt danach, im Umgang untereinander und mit allen Menschen das Gute zu tun. Seit immerzu von Freude erfüllt! Betet ohne Unterlaß! Dankt Gott in jeder Lebenslage! Das ist der Wille Gottes in Jesus Christus für euch alle, die mit ihm verbunden sind. Unterdrückt nicht das Wirken des Heiligen Geistes! Reden aus Eingebung verachtet nicht. Prüfet dabei alles, und das Gute behaltet! Von jeder Art des Bösen aber haltet euch fern!“ (1. Thess. 5,15 – 22)
Weil Paulus ein umstrittener Charakter war, vor allem aber weil er diese Geheimnisse offenbarte, was den Dunkelmächten sehr unangenehm war und ist, wird nicht nur Jesus profanisiert, sondern auch und insbesondere Paulus. Er wird von gewissen Seiten geradezu verteufelt und als hinterhältiger Verfälscher oder sogar Verschwörer bezeichnet. Es ist nicht zu bestreiten, daß Paulus durchaus seine Einseitigkeiten und fanatischen Züge hatte, die konkreten persönlichen Faktoren entsprangen (siehe Machtwechsel auf der Erde, S. 362ff.). Aber ein Mensch, der nicht ein gehöriges Maß an Eigenwilligkeit und Ausdauer besaß, hätte unter den damaligen widrigen, feindseligen Umständen gar nicht die Kraft gehabt, unermüdlich umherzureisen und zu predigen.

Paulus wurde als bereuender ehemaliger Christenverfolger zum wichtigsten Zeugen für das Mysterium der verheißenen Transformation, weshalb es nicht erstaunt, daß in der materialistischen „Entmystifizierung“ Jesu insbesondere auch Paulus immer wieder aufs heftigste verleumdet wird.

Dies soll im Folgenden an einem konkreten Beispiel aufgezeigt werden. Es handelt sich um eine typische Propaganda, die auf Bluff beruht und die von geheimen Auftraggebern gefördert wurde und immer noch wird, um das Vertrauen der Menschen in Gott und die Gottesgesandten, angefangen mit Jesus, zu zerstören.

1. Teil „Verschlußsache Jesus“: Die Verschwörung hinter der Verschwörungstheorie

In den Jahren 1947 bis 1956 wurden in einem hügeligen Wüstenabschnitt bei Qumran am Nordwestufer des Toten Meeres alte Originalmanuskripte gefunden, versteckt in versiegelten Höhlen, aufbewahrt in Tonkrügen. Insgesamt wurde man in elf Höhlen fündig.

Im Jahr 1991 erschien ein Buch der beiden amerikanischen Journalisten Michael Baigent und Richard Leigh mit dem Titel Verschlußsache Jesus – Die Qumran-Rollen und die Wahrheit über das frühe Christentum. Es erschien in Deutschland (zeitgleich mit der englischen Originalausgabe!) pünktlich zur Frankfurter Buchmesse 1991. Danach wurde es mit auffälliger, ja aufdringlicher Werbetrommel publik gemacht und wurde fast zwei Jahre lange zuoberst auf den Bestseller-Listen gehalten (Kategorie „Sachbücher“). Weltweit wurde es von vielen Millionen Menschen gelesen.

Wichtig ist zu wissen, daß dieselben Autoren zuvor schon andere Bestseller veröffentlicht hatten, die sehr vielsagende Titel tragen: Der Heilige Gral und seine Erben – Ursprung und Gegenwart eines geheimen Ordens (1984) und Der Tempel und die Loge – Das geheime Erbe der Templer in der Freimaurerei (ebenfalls 1991).

Das Buch Verschlußsache Jesus verspricht gemäß Titel, die „Qumran-Rollen und die Wahrheit über das frühe Christentum“ zu erklären. Dies wird mit zwei Thesen getan:
  • Der Vatikan wolle die Veröffentlichung dieser Qumran-Rollen verhindern oder zumindest hinauszögern.
  • Warum? Weil in den Qumran-Schriftstücken die wahre Geschichte von Jesus, Jakobus und Paulus erzählt werde, und diese Geschichte unterscheide sich gänzlich von dem, was in den Evangelien und in der Apostelgeschichte zu lesen sei.
Diese Behauptungen wurden in der Folge von vielen Journalisten und Autoren kritiklos übernommen. Ein Beispiel hierfür sind Christopher Knight und Robert Lomas mit ihrem Buch Unter den Tempeln Jersualems – Pharaonen, Freimaurer und die Entdeckung der geheimen Schriften Jesu. (Dieses Buch wird ebenfalls im Machtwechsel auf der Erde ausführlich behandelt.) Die beiden Autoren, die sich offen als mittelgradig eingeweihte Mitglieder der Freimaurer zu erkennen geben, liefern mit ihrem Buch ein aufschlußreiches Detail, das hilft, die „Verschwörung hinter der Verschwörungstheorie“ zu erkennen. Dies wird weiter unten im Artikel erwähnt werden.

Es lohnt sich also, einen kleinen Exkurs einzuschalten, um zu entdecken, wie haltbar oder fadenscheinig die besagte „Wahrheit über das frühe Christentum“ ist. Die Behauptungen, die im Buch Verschlußsache Jesus als Wahrheit verkauft werden, sind bereits von vielen Philologen aus jüdischen und christlichen Kreisen vorgenommen worden. Besonders wertvoll ist das Buch von Prof. Dr. Otto Betz und Dr. Rainer Riesner: Jesus, Qumran und der Vatikan – Klarstellungen (Herder 1993).

Die folgenden Zusammenfassungen der wichtigsten Klarstellungen stützen sich auf dieses Buch.

Werden Qumran-Texte vom Vatikan verheimlicht?

In Verschlußsache Jesus wird behauptet, die wichtigsten Qumran-Texte würden verheimlicht. Man fragt sich dann natürlich, woher die Autoren ihr Wissen über den (angeblichen) Inhalt dieser Texte haben. Die leicht nachprüfbare Geschichte der Veröffentlichung der Qumran-Texte zeugt, daß die Behauptung einer Verheimlichung aus der Luft gegriffen ist. Bereits 1948, also ein Jahr nach der ersten Entdeckung, wurden Forschungsberichte veröffentlicht. 1951 wurden erste Photographien der Texte veröffentlicht. Die letzte Höhle mit Schriftrollen wurde erst 1956 entdeckt, denn es kam zu Verzögerungen aufgrund der Frage, wem die Schriften gehören, und aufgrund der unsicheren politischen Lage in Palästina nach dem soeben beendeten Zweiten Weltkrieg (z. B. Gründung des Staates Israel im Jahr 1948). Der Erzbischof der syrisch-orthodoxen Kirche in Jerusalem, dem ein Teil der Rollen anvertraut worden war, reiste 1948 aufgrund der politischen Lage in die USA und nahm die Rollen mit, um sie dort für teures Geld zu verkaufen.

Es wurde jedoch schnell ein internationales Forschungsteam zusammengestellt, das aus Gelehrten unterschiedlichster Richtungen bestand: christliche Gelehrte aus katholischen, protestantischen und anglikanischen Schulen, jüdische Gelehrte und auch Gelehrte mit areligiösen oder sogar atheistischen Einstellungen. Fotos der Texte wurden an verschiedenste Hochschulen in aller Welt verschickt. Die Fülle des Materials, die Vielzahl der Beteiligten, die Schwierigkeit der Manuskripte (schwer leserlich, z. T. nur noch briefmarkengroße Fragmente mit wenigen Buchstaben), interne Meinungsverschiedenheiten und Ego-Kämpfe zwischen den Gelehrten – all diese Faktoren verursachten, daß die gesamthafte Veröffentlichung der Manuskripte nur schleppend voranging. Dennoch muß klar festgehalten werden:
„Als die englisch-amerikanische Originalausgabe des Werkes ‚Verschlußsache Jesus‘ im September 1991 unter dem Titel The Dead Sea Scrolls Deception, d. h. ‚Der Betrug an den Schriftrollen vom Toten Meer‘, erschien, waren etwa 80 Prozent des Textbestandes der Qumranfunde veröffentlicht. Deshalb ist es eine grobe Irreführung der Leser, wenn im Klappentext des Buches gesagt wird: ‚75 Prozent der rund 800 in althebräisch und aramäisch abgefaßten Manuskripte (werden) der Öffentlichkeit vorenthalten.‘ “#fn:1
Kurz nach dem Erscheinen der Verschlußsache Jesus, im Jahr 1992, erschien ein Buch des Hauptinformanten von Baigent und Leigh, Prof. Robert Eisenmann, mit dem Titel Jesus und die Urchristen – Die Qumran-Rollen entschlüsselt. Im Rückentext dieses Buches schreiben Baigent und Leigh: „Diese Veröffentlichung ist von höchster Bedeutung. Endlich sind die Texte, die lange unter Verschluß gehalten wurden, jedem zugänglich …“

Sie geben also zu, daß jetzt nichts mehr unveröffentlicht ist. Jeder kann nun lesen, welch (angeblich) sensationellen und brisanten Texte (angeblich) unter Verschluß gehalten wurden. Kaum ein Jahr ist vergangen, seit das Buch The Dead Sea Scrolls Deception veröffentlicht wurde, und schon erscheint Dr. Eisenmanns Buch mit den restlichen Texten. Perfektes Timing. Für jeden erkennbar besteht diese Veröffentlichung in nicht so vielen Texten, wie die beiden Autoren behauptet hatten („75 Prozent der rund 800 … Manuskripte“). Und offensichtlich war die angebliche Verheimlichung nicht so undurchdringbar, wie dieselben Autoren beschworen hatten. Sie bestätigen selbst unmißverständlich: „Endlich sind die Texte, die lange unter Verschluß gehalten wurden, jedem zugänglich …“

Dennoch heißt es auf dem Rückentext der späteren Taschenbuchausgabe (1993) immer noch: „Warum sind die meisten der sogenannten Qumran-Rollen bis heute nicht veröffentlicht und nicht einmal Gelehrten außerhalb einer bestimmten Gruppe zugänglich?“ Das klingt zwar unheimlich wahr und spannend, ist aber eine blanke Lüge.

Jesus und die heiligen Schriften werden „entheiligt“

Die Vertreter der Theorie einer vatikanischen Verschwörung behaupten, Jesus und seine Anhängerschaft seien nicht etwa gottesbewußte Weltveränderer gewesen, sondern rebellische, militante lokale Unabhängigkeitskämpfer. Jesus wird jeglicher spirituellen Dimension beraubt, schlicht und einfach deshalb, weil er diese gar nie hatte, behaupten die „Antichristen“, unter ihnen auch die laut verstärkten Sprachrohre Baigent und Leigh.

Um diese vorgefaßte Meinung zu beweisen, ziehen sie die Qumran-Schriften heran und verwerfen die bereits bekannten Texte, die im Neuen Testament veröffentlicht sind. Um ihre Argumentation durchzuführen, müssen sie mehrere Punkte etablieren:
  • Die in der Bibel enthaltenen Evangelien sind späte, erdichtete Darstellungen des Lebens und der Lehren Jesu. Sie sagen nichts über den „wahren Jesus“ aus.
  • Die Apostelgeschichte, die in der Bibel direkt an die vier Evangelien anschließt, sei ebenfalls verfälscht und dürfe nicht als Quelle echter Information gesehen werden. Um näher an die Wahrheit herankommen zu können, müsse man alle Darstellungen umdrehen, da man sie nicht wörtlich nehmen dürfe.
Nachdem die bekannten Quellen der willkürlichen Interpretation preisgegeben sind, werden die einzig verfügbaren „echten“ Quellentexte herangezogen: die Qumran-Schriften. In ihrem Namen wird das neue, angeblich echte Bild von Jesus und den Urchristen gezeichnet. Damit dies möglich ist, müssen folgende Behauptungen als Wahrheit dargestellt werden:
  • Die Qumran-Schriften sind nicht jüdisch-vorchristlich, sondern stammen direkt aus der Zeit Jesu.
  • Die Verfasser der Qumran-Schriften, die Essener aus der wiederentdeckten Qumran-Siedlung, waren nicht asketisch lebende Mönche, sondern politisch orientierte, militante Widerstandskämpfer gegen die römische Besatzungsmacht.
  • Johannes der Täufer, Jesus und Jakobus, der Bruder Jesu, hätten dieselben politischen Motive gehabt wie die Essener. Der religiöse Gehalt im „Jesus-Mythos“ sei erst später von Paulus und in seiner Nachfolge von der römischen Kirche hinzugedichtet worden.
Nachdem dieser Rahmen gespannt ist, legen Baigent und Leigh mit den eigentlichen „Enthüllungen“ los: Sie geben vor zu wissen, daß der Leiter der Essener, der in den Qumran-Texten ohne Namenangabe als „Lehrer der Gerechtigkeit“ bezeichnet wird, niemand anders als der Bruder Jesu, Jakobus, gewesen sei. Er sei Anführer der jüdischen Widerstandsbewegung gewesen, und als solcher sei er auch in Opposition zum jüdischen Hohen Rat in Jerusalem (präsidiert vom sog. Hohepriester) gestanden. In der Festung Qumran sei Jakobus sogar zum Gegenhohepriester ernannt worden. Um diese Widerstandsbewegung zu bekämpfen, habe der ohnehin schon korrupte jüdische Hohe Rat mit den Römern zusammengearbeitet: Der Anführer der Revolutionäre, Jesus, wurde hingerichtet, und ein Pseudo-Jude in römischen Diensten wurde in die Widerstandsbewegung eingeschleust: niemand anders als der berühmte Christenverfolger Saulus, der sich plötzlich bekehrte und zum feurigsten Jesus-Anhänger wurde. Er habe die Lehren Jesu verfälscht und seine Anhänger von ihrer politischen Mission abgebracht, indem er Jesus zur religiösen Kultfigur, zum langerwarteten Messias, hochstilisierte. Um Paulus zur unbezweifelten Autorität zu machen, hätten die Römer dann eine aufsehenerregende Verhaftung des Paulus inszeniert und ihn sogar hingerichtet. In Wirklichkeit sei er, der verdienstvolle römische Agent, jedoch mit geheimdienstlicher Hilfe untergetaucht und habe danach ein sattes römisches Leben genossen.

Später seien dann die Evangelien und die Apostelgeschichte geschrieben worden, um all diese Wahrheiten zu vertuschen und ein neues Bild des Juden Jesus zu zeichnen. (Deshalb dürfe man den Schriften des Neuen Testaments unter keinen Umständen glauben, und deshalb sei auch verständlich, warum der Vatikan so verzweifelt alle Hebel in Gang setze, um diese „verheimlichten Wahrheiten“ weiterhin geheimzuhalten.)

Das alles lesen die Autoren Baigent und Leigh aus den Qumran-Texten! Die wahre Enthüllung findet jedoch statt, wenn man untersucht, was in diesen Texten tatsächlich steht und vor allem nicht steht, und wenn man sich fragt, warum ein solches Buch von den internationalen Medien als Bestseller hochgehalten wird, selbst nachdem objektive Präsentationen den wahren Sachverhalt längst bewiesen haben, nämlich daß die Geschichte bestimmt nicht so verlaufen ist, wie in diesem Buch behauptet wird. Während die Verfälschung historischer Tatschen, z. B. durch antijüdische Veröffentlichungen, mit Recht geahndet und im Notfall sogar verboten wird, kommt antichristlichen Geschichtslügen anscheinend nicht dasselbe Recht zu. Wer die Strategie der „erleuchteten“ Atheisten kennt, kann leicht erraten warum. Soll der Menschen Vertrauen in Jesus im Keim erstickt werden? Sollen die Menschen das Vertrauen verlieren, daß es einen Plan Gottes für die wahre Erleuchtung der Menschheit gibt? Denn bisher hatte es immer geheißen, dem Gottessohn Jesus komme in diesem Plan eine Schlüsselstellung zu. Das wird jetzt als kirchliche Verschwörung hingestellt.

Nachdem die Theorien der Verschlußsache Jesus durch stete Wiederholung in den Massenmedien von den Massen als Wahrheit anerkannt wurden, genossen die Christengegner mit Genugtuung, wie die Kirche und auch der „Jesus-Mythos“ zerrissen wurden. Wer noch einen Funken Glauben an Jesus besessen hatte, war verunsichert, unschlüssig, orientierungslos.

Dubiose Motivationen in der Qumran-Forschung

Anfangs der fünfziger Jahre wurde eine internationale Gruppe von biblischen Sprachforschern zusammengestellt, um die Qumran-Rollen zu entziffern und zu übersetzen. Diese Gruppe bestand aus christlichen und jüdischen Gelehrten und auch aus Gelehrten mit „religiösen oder sogar atheistischen Einstellungen. Zur letzten Kategorie gehörte unverhohlen Dr. John Allegro. Für die Autoren der Verschlußsache Jesus waren John Allegros Arbeiten und Ansichten richtungsweisend. In Wirklichkeit war gerade dieser Dr. Allegro aufgrund seiner eigenmächtigen und unkooperativen Handlung mit verantwortlich gewesen, daß die Herausgabe der Qumran-Schriftstücke zusätzlich erschwert worden war.

Näheres über den ideologischen Hintergrund von Dr. Allegro erfährt man im oben erwähnten Buch der freimaurerischen Autoren Knight und Lomas. Ihm widmeten sie nämlich ihr Buch! Damit verraten sie, daß Allegro ebenfalls ein Mitglied dieser Geheimgesellschaft war, denn sie hätten ihr Buch, das die Freimaurergeschichte beschreibt, bestimmt nicht willkürlich jemandem gewidmet, der kein Logenbruder war. Der Widmungstext klingt dementsprechend vieldeutig: „Für John Marco Allegro – einen Mann, der seiner Zeit um zwanzig Jahre voraus war.“ Warum war er seiner Zeit voraus? Und warum gerade zwanzig Jahre?

Es gibt also durchaus Hinweise, daß bei der Veröffentlichung der Qumran-Schriften heimliche Interessen mitspielten. Dr. Allegro, der zum ursprünglichen internationalen Forschungsteam gehörte, war der erste, der an die Öffentlichkeit ging, um als Qumran-Experte zu verkünden, diese neuentdeckten Schriften würden die Kirche erschüttern und das bisherige Bild Jesu in Frage stellen. Dies verkündete er bereits 1956 in Radiovorträgen in England, zu einer Zeit, als die Ausgrabungen immer noch im Gang waren. 1955 hatte er in einem Brief an den Anglikaner Dr. John Strugnell, den damaligen Leiter des internationalen Teams, geschrieben: „An Ihrer Stelle würde ich mir des theologischen Jobs wegen keine grauen Haare wachsen lassen. Wenn ich meine Arbeit abgeschlossen habe, wird es ohnehin keine Kirche mehr geben, in der Sie unterkommen könnten.“#fn:2 Dies sei natürlich nur humorvoll gemeint gewesen, kommentieren Baigent und Leigh.

Allegro, Freimaurer und ein erklärter Atheist, war anscheinend beauftragt, die Qumrantexte dahingehend zu interpretieren, um sowohl die Kirche als auch den Glauben an Jesus zu unterminieren.

Im Jahr 1957 startete Dr. Allegro auf eigene Faust eine Abenteuer-Expedition nach Israel, um die in der Kupferrolle aufgeführten Schätze zu finden. Er schrieb sogar ein Theaterstück, das 1966 uraufgeführt wurde und in dem er frei erfunden darstellt, wie der Vatikan die heiklen Stellen aus den Qumran-Schriften unterdrücke. Schlüsselsatz: „Man unterdrückt die Worte Jesu …“ Als ob die Qumran-Schriften Jesus-Worte enthalten würden!

Im Jahr 1968 publizierte Allegro eigenmächtig und schnell die ihm anvertrauten Texte, um die Qumran-Diskussion anzuheizen. Da diese Edition jedoch nachlässig vorgenommen worden war, enthielt sie viele Fehler, wofür er aus Fachkreisen heftige und sachlich begründete Kritik erntete.

Der weitere Verlauf von Dr. Allegros Leben war tragisch. Er verfiel dem Alkohol und anderen Drogen. Im Jahr 1970 veröffentlichte er das Buch The Sacred Mushroom and the Cross (wörtlich: „Der heilige Pilz und das Kreuz“), in dem er die Ansicht vertritt, die Entstehung des Jesus-Glaubens habe viel mit Drogenkonsum zu tun, denn dies sei die einzige Erklärung für die mystischen Erlebnisse, die viele Jesus-Nachfolger gehabt hätten. 1971 erschien dieses Buch auch auf Deutsch: Der Geheimkult des heiligen Pilzes – Rauschgift als Ursprung unserer Religion. Durch Artikel im deutschen Nachrichtenmagazin Der Spiegel wurden Allegros atheistischen Ideen einem breiten Publikum bekanntgemacht.#fn:3

Einen letzten Beitrag zur Entmythifizierung des christlichen Jesus lieferte Dr. Allegro in seinem 1979 erschienen Buch The Dead Sea Scrolls and the Christian Myth (wörtlich: „Die Schriftrollen vom Toten Meer und der christliche Mythos“).

Neben Dr. Allegro hat – seit den siebziger Jahren – insbesondere Prof. Robert H. Eisenmann von der California State University (und Allegro-Sympathisant) die Theorie vertreten, die Qumran-Rollen seien Schriften des Urchristentums. Von ihm stammt die Theorie, die Urchristen seien unter der Führung von Jesus und Jakobus Teil einer jüdischen Widerstandsbewegung gegen Rom gewesen. Diese Theorie und auch Prof. Eisenmanns Argumente wurden von den Journalisten Baigent und Leigh aufgegriffen und populärwissenschaftlich aufbereitet, wobei die großen Verlage sie mit vereinten Kräften unterstützten und förderten.

Prof. Eisenmann hat ein Buch mit Auszügen aus den Originaltexten veröffentlicht, denn mittlerweile sind die Qumran-Schriften soweit, wie es möglich ist, entziffert und übersetzt und in ihrer gesamten Fülle öffentlich zugänglich. Man darf annehmen, daß Prof. Eisenmann in diesem (bereits oben erwähnten) Buch die wichtigsten Textstellen dem breiten Publikum vorführt. Wie der Titel verkündet: Jesus und die Urchristen – Die Qumran-Rollen entschlüsselt. Der Buchtitel allein suggeriert schon, die Qumran-Rollen würden direkt etwas über Jesus und die Urchristen aussagen.

Wer sich jedoch die Mühe macht, die Originaltexte zu lesen und für sich sprechen zu lassen (unabhängig von den wortreichen Interpretationen von Allegro und Eisenmann), ist schnell einmal enttäuscht, falls man sensationelle Enthüllungen erwartet hat. Tatsache ist, daß all diese Schriften nur für die Altertumsforscher und Philologen interessant, für den Laien jedoch völlig langweilig sind. Da steht nirgendwo etwas von Jesus, Jakobus oder Paulus. Das meiste sind jüdische Texte mit Tempelriten, Reinheitsbestimmungen, Ordensregeln oder dann, schon interessanter, Texte von Propheten wie z. B. Jesaja, die aber bereits aus dem Alten Testament bekannt sind, und zwar viel ausführlicher. Die umstrittenen Textfragmente, auf denen der ganze Rummel um die „Verschlußsache“ und die angebliche Verheimlichung von „Jesus-Worten“ aufgebauscht wurde, nennen keine Namen und beziehen sich auf interne Zwiste zwischen der mönchischen Essenergruppe und den Jerusalem-Hohepriestern im 1. Jahrhundert vor Christus.

Esoterisch interessant sind die Fragmente des Buches Henoch, die Kupferrolle (mit einem Inventar von Schatzverstecken innerhalb und außerhalb Jerusalems bis in die Gegend von Damaskus) sowie die fragmentarische „Kriegsrolle“ mit einer Erwähnung des endzeitlichen Kampfes zwischen den „Söhnen des Lichts“ und den „Söhnen der Finsternis“. Diese Texte sind immer nur kurz und sehr bruchstückhaft, und die meisten waren schon längst zugänglich, als das Buch Verschlußsache Jesus auf den Markt kam!

Man kann dem Vatikan viel vorwerfen, ganz bestimmt auch Verschwörungen, Verheimlichungen und Verfälschungen, aber im Zusammenhang mit Qumran scheint dieses hochgepeitschte „Schlagen eines toten Pferdes“ geradezu verdächtig zu sein. Das Aufzeigen der Zusammenhänge macht eine Verschwörung hinter der Verschwörungstheorie glaubhaft, die an das erinnert, was tatsächlich in den Qumran-Rollen beschrieben wird: der endzeitliche Kampf zwischen den Dienern und den Widersachern Gottes, im Originaltext: zwischen den „Söhnen des Lichts“ und den „Söhnen der Finsternis“.

Das Ziel, das mit bestechenden Mitteln erreicht wurde, ist durch diese erfolgreiche Offensive offensichtlich geworden: Es geht darum, das Vertrauen in Jesus und in die Evangelien zu vernichten.

Die Behauptungen von Baigent, Leigh, Eisenmann und Allegro bedeuten im Klartext nichts Geringeres, als den Wahrheitsgehalt der Evangelien, die im Neuen Testament enthalten sind, gesamtheitlich zu leugnen und zu verwerfen – was ja die erklärte Absicht hinter all diesen Bestrebungen ist. „Wer wissen will, was im Jahrhundert vor und nach Christi Geburt in Palästina wirklich geschah, sollte nicht die Evangelien lesen, sondern die Qumran-Rollen“, verkündet Prof. Eisenmann auf dem Umschlag seines Buches Jesus und die Urchristen. Warum soll man nicht die Evangelien lesen? Warum wird nicht einfach gesagt, man solle zusätzlich zu den Evangelien auch die Qumran-Rollen lesen? Das wäre die einzig wissenschaftlich haltbare Aussage gewesen, vor allem wenn man weiß, wie unsensationell und alttestamentarisch diese Rollen sind. Sie sagen nichts über die Geschehnisse aus, die in den Evangelien beschrieben werden, da sie vor dieser Zeit entstanden sind.

Am Schluß des Buches Verschlußsache Jesus danken die Autoren unter anderem einem Herrn Rod Collins, von dem sie tatkräftig unterstützt worden seien, denn er sei „ein Banker, wie ihn sich jeder Autor nur wünschen kann“. An dieser Stelle können sich auch die sachlichen Akademiker Betz und Riesner nicht zurückhalten, folgende vielsagende Andeutung zu machen: „Es wäre aufschlußreich, einmal dem eigentlichen Interesse nachzugehen, das der Unterstützung eines Buches wie ‚Verschlußsache Jesus‘ zugrunde liegt …“#fn:4

Tausende von Fachleuten aus aller Welt, aus christlichen, jüdischen, russischen und anderen Instituten, die man allesamt nur durch eine unglaubliche Verschwörung gleichschalten könnte, bezeichnen die spekulativen Szenarien in der Verschlußsache und verwandten Büchern einhellig als absurd, unhaltbar und an den Haaren herbeigezogen. Dennoch konnten dieses Buch und diese Ansichten vielen Millionen von Menschen als Wahrheit verkauft werden.

Was steht in den Qumran-Rollen wirklich?

Die Texte des jüdischen Essenerordens, die in den Qumran-Höhlen gefunden wurden, haben viele Entsprechungen im Alten Testament. Die Namen, die in diesen Qumran-Schriften erwähnt werden, gehören allesamt zu Personen des zweiten und ersten Jahrhunderts vor Christus, und die historischen Ereignisse, die aus den Fragmenten herausgelesen werden konnten, passen genau auf bekannte Ereignisse aus ebenjener Zeit vor Christus. Auf der Grundlage der Qumran-Rollen wurde zwar eine gewaltige Seifenblase von Spekulationen um Jesus, Jakobus und Paulus in die Luft gesetzt, doch werden diese Namen in den Rollen nicht ein einziges Mal erwähnt, auch der Name von Johannes dem Täufer nicht und ebensowenig der Name des Herodes, obwohl Prof. Eisenmann behauptet, es gebe deutliche „antiherodianische“ Züge in den Qumran-Texten. Warum diese Namen nicht erwähnt werden (im Gegensatz zu anderen Namen, die deutlich erwähnt sind), ist leicht zu erkennen: weil diese Texte aus einer früheren Zeit stammen! Die Qumran-Rollen sagen nichts über Jesus, Jakobus und Paulus aus. Damit erweist sich die „Wahrheit über das frühe Christentum“ im Buch Verschlußsache Jesus als Unwahrheit, möglicherweise sogar als bewußte Verfälschung, denn die Widerlegungen sind wahrhaftig nicht schwierig zu finden und längst zugänglich …

Die Jesus-Paulus-Spekulationen beruhen auf wenigen Textfragmenten. Alle anderen geben diesbezüglich überhaupt nichts her, genauso wie diese wenigen Textfragmente auch, denn sie beschreiben eben nicht Jesus und Paulus.

In diesen wenigen Fragmenten wird ein „Lehrer der Gerechtigkeit“ erwähnt, der im Konflikt mit einem „gottlosen Lehrer“ steht. Die Textfragmente enthalten genau diese Begriffe, jedoch keine Namen. Praktisch alle Philologen und Qumran-Experten sind sich einig, daß sich diese Texte auf die Gründung des Essenerordens beziehen. Diese hatte stattgefunden, als in Jerusalem der umstrittene König und Hohepriester Jonatan (152 – 143 v. Chr.) an der Macht war. Der Gründer der essenischen Gemeinschaft wurde „Lehre der Gerechtigkeit“ genannt, ebenso seine Nachfolger. Diese Gründung und Abspaltung führte zu einem offenen Konflikt mit dem Priesterkönig Jonatan. Dieser nahm jedoch ein unrühmliches Ende, was für die Essener eine symbolische Bedeutung hatte: Gott hatte ihren Gegner, den „gottlosen Priester“, drastisch bestraft.

Die eindeutigste Textstelle, auf die sich auch die gesamte Jesus-Paulus-Spekulation beruft, stammt aus der vierten Höhle und trägt die Katalognummer 4QMMT. Darin heißt es in Bezug auf Psalm 37:
„Der Gottlose sucht den Gerechten zu töten.“ Dieser Qumran-Text erklärt, mit dem Gottlosen sei der gottlose Priester aus Jerusalem gemeint, „der ihn [den Lehrer der Gerechtigkeit] zu töten trachtete wegen (des Briefes) und des Gesetzes, das er [der Lehrer der Gerechtigkeit] ihm [dem gottlosen Priester] gesandt hatte. … Aber Gott vergalt es ihm, indem er ihn [den gottlosen Priester] in die Hände der gewalttätigen Heiden gab, um das Gericht an ihm zu vollziehen.“
Tatsächlich fiel der „Gottlose“, der Hohepriester Jonatan, in die Hände der gewalttätigen Heiden: Er wurde von den Syrern in eine Falle gelockt und umgebracht. Diese historische Tatsache wird auch im Alten Testament (1. Makkabäer 12.39 – 53) beschrieben und entspricht genau den Umständen, die im genannten Qumran-Fragment erwähnt werden.

Die beiden erwähnten Dokumente – der Brief und das Gesetz –, die der Lehrer der Gerechtigkeit aus Qumran an den Hohepriester in Jerusalem gesandt hatte und die diesen erzürnten, weil der neue Qumran-Lehrer ihm darin Vorschriften machen wollte, lagen in derselben Höhle, der Höhle Nr. 4. Das eine Dokument ist der sogenannte „Brief des Lehrers der Gerechtigkeit“, ein längeres, unvollständiges, da in mehrere Fragmente zerfallenes Dokument. Der Absender, dessen Namen auf den Fragmenten nicht erscheint, wird mit dem „Lehrer der Gerechtigkeit“, d. h. mit dem Leiter der Qumran-Gemeinde, gleichgesetzt. Dieser Brief wendet sich in der Wir-Form an die Empfänger, die Priester im Jerusalemer Tempel. Der Lehrer mahnt die Jerusalem-Priester zur strikten Einhaltung der Reinheits- und Selektionsvorschriften. Insbesondere mahnt er, der Zutritt zum Tempel sei „nur den Israeliten, und zwar den rituell reinen und leiblich intakten Menschen gestattet: Fremde, Moabiter und Ammoniter, aber auch Behinderte wie Blinde, Taube oder Invalide seien fernzuhalten“. Auch wird in diesem Brief gesagt: „Wir haben uns von der Masse des Volkes getrennt“ – warum? Weil sie, die Qumran-Essener, sich für reiner und besser hielten!

Das „Gesetz“, das den „Gottlosen“ erzürnte, ist die acht Meter lange sogenannte „Tempelrolle“, die zahlreiche Vorschriften und Bestimmungen mit ähnlich rigoroser und rassistischer Schärfe enthalten.

Genau gegen dieses arrogante Elite-Bewußtsein wandte sich Jesus, der dieselbe Haltung auch bei den Pharisäern und Schriftgelehrten brandmarkte, nur mit dem Unterschied, daß bei diesen die Erhabenheit weitgehend auf Arroganz beruhte, wohingegen die Essener tatsächlich streng asketisch und elitär lebten.

Diesen „Lehrer der Gerechtigkeit“ mit Johannes, Jesus oder Jakobus gleichzusetzen ist also absurd, denn Jesus verurteilte ebengerade dieses elitäre Kastenbewußtsein und wäre auch nie Mitglied eine solchen religiös-rassistischen Splittergruppe geworden.

Daß die besagtem Qumran-Texte nichts mit Jesus zu tun haben, geht noch deutlicher aus dem folgenden Qumran-Schriftstück hervor, der von Eisenmann jedoch ebenfalls auf die Urchristen bezogen wird: „… der gottlose Priester, der den Lehrer der Gerechtigkeit verfolgte, um ihn zu verschlingen in dem Zorn seines Grimms. Am Ort seines Exils und zur Zeit des Festes der Ruhe des Versöhnungstages erschien er bei ihnen, um sie zu verschlingen und um sie zu Fall zu bringen am Tage des Fastens, dem Sabbat ihrer Ruhe.“

Die Interpretation der Experten besagt einhellig, daß der illegitime Hohepriester Jonatan von den Essenern als der „Gottlose Priester“ bezeichnet wurde. Dieser hat auch tatsächlich den „Lehrer der Gerechtigkeit“ in seinem Exil in Damaskus aufgesucht, um ihn der Gesetzesübertretung zu überführen und womöglich sogar umzubringen. Dieser Vorfall geschah genau am Versöhnungstag, der ein Fastentag ist. (Dies führte dann zur bereits erwähnten Vergeltung durch Gott, indem der Hohepriester Jonatan den Syrern in die Hände fiel und von ihnen im Jahr 143 v. Chr. umgebracht wurde.)

Eisenmann, der beweisen will, daß sich diese Stelle auf die Zeit der Urchristen bezieht und daß mit dem „Lehrer der Gerechtigkeit“ Jakobus gemeint ist, interpretiert diese Stelle anders: Der „Gottlose Priester“ sei der Hohepriester Ananus (Hannas II.), der Jakobus und andere Urchristen in Jerusalem zu Tode steinigen ließ. Auch Ananus wurde später von den „Heiden“ umgebracht, jedoch von den Römern in den Kriegswirren um Jerusalem 68 n. Chr., im selben Jahr, in dem auch die Qumran-Festung zerstört wurde! Die Tonkrüge wurden aber mit den bereits verfaßten Schriften spätestens im Jahr 68 beim Heranrücken der Römer versteckt. Der zeitliche Ablauf kann nicht stimmen, ebensowenig die Interpretation, denn aus der Originalstelle geht hervor, daß es dem Gottlosen Priester nicht gelungen ist, den Lehrer der Gerechtigkeit umzubringen. Ananus konnte Jakobus jedoch töten lassen.

Eisenmann versucht diese Widersprüche mit übersetzungstechnischen Wortspielereien aus dem Weg zu räumen. Das Urteil der Fachkräfte lautet deshalb zurecht: „Der ‚Historiker‘ Eisenmann macht sich einer petitio principii, der Erschleichung des gewünschten Resultats durch falsche Übersetzung schuldig, die er kaltblütig als feinere Bedeutung und bessere Konstruktion deklariert: Wiederum wird der Text nach der [vorgefaßten] Theorie gebogen!“#fn:5

Die messianische Prophezeiung von Qumran

Für weiteren Rummel sorgte Prof. Eisenmann (in den Fußstapfen von Dr. Allegro), als er 1991 verkündete, in den Qumran-Schriften gäbe es eine Stelle, die den gewaltsamen Tod des Messias bezeuge. Dies zeige, daß eine direkte Beziehung zwischen den Essenern und den Urchristen bestand, eben weil Jakobus der essenische Lehrer der Gerechtigkeit gewesen sei. Ähnliches hatte bereits Dr. Allegro in seinen Vorträgen 1956 verkündet: In den Qumran-Schriften würden die Kreuzigung des Lehrers, die Abnahme des Leichnams vom Kreuz und die Totenwache beschrieben.

All diese Behauptungen stützen sich auf folgendes Qumran-Fragment, das sich, als Kommentarschrift, auf das bekannte Jesaja-Kapitel 11 bezieht: „der Sproß Davids … und töten Fürst der Gemeinde sie … und durch Wunden … und es befiehlt ein Priester … die Erschlagenen der Kittim …“

Das ist alles! Die Kreuzigung wird in den unvollständigen, zweideutigen Satz „und töten Fürst der Gemeinde sie“ hineininterpretiert. Die grammatikalische Lage erlaubt beide Interpretationen: „Sie töten den Fürsten der Gemeinde“ oder „Der Fürst der Gemeinde wird sie töten.“

Allegro und Eisenmann glauben, in der ersten Variante einen Hinweis auf den Kreuztod Jesu zu finden, denn „Fürst der Gemeinde“ ist ein Ausdruck für den erwarteten Messias. Doch die andere Variante („Der Fürst der Gemeinde wird sie töten.“) ist genauso möglich und entspricht erst noch der Referenzstelle in Jesaja 11: „Und er wird ihn töten“ (Jes. 11,4)!

Diese Stelle ist keine urchristliche Parallelstelle, sondern eine messianische Prophezeiung des siegreichen Messias, wie ihn der Prophet Jesaja in jenem Buch voraussagt, das im Alten Testament zu finden ist. Es ist symptomatisch, wie diese eine Textstelle verwendet wurde, um vorgefaßte Meinungen zu verkünden, was in den Massenmedien natürlich immer ohne die Anführung des Originaltextes geschah, denn diese fragmentarischen Textstellen hätten niemanden beeindruckt und schon gar nicht überzeugt.

Der Hinweis auf Jesaja 11 zeigt auch, wie absurd die Annahme ist, eine militante Bewegung hätte nach der Hinrichtung Jesu weiterhin geglaubt, Jesus sei der Messias gewesen, und hätten wegen Jesus langjährige Streitigkeiten durchgeführt, so wie Baigent & Leigh dies in Bezug auf Jakobus und Paulus behaupten. Nein, sie hätten diesen hingerichteten „König der Juden“ schnell vergessen und als falschen Propheten fallengelassen. Jesus hätte über seinen Tod hinaus überhaupt keine Wirkung gehabt, und Paulus hätte ins Leere gepredigt. Doch Jesus blieb trotz der Kreuzigung und der nachfolgenden politischen Wirren eine Person von zentraler Bedeutung, weshalb er unmöglich ein politischer Aktivist gewesen sein kann (denn als solcher wäre er ein völliger Versager gewesen).

Die Schriften von Nag-Hammadi

Im Jahr 1945, kurz vor der Entdeckung der ersten Qumran-Rollen, wurden nahe der nordägyptischen Stadt Nag-Hammadi mehrere Tonkrüge mit uralten Schriften gefunden. Diese stammten tatsächlich aus der urchristlichen Zeit und enthielten lange verschollene Evangelien und Dokumente über Jesus, insbesondere das mittlerweile berühmte Thomas-Evangelium. Als 1977 alle Nag-Hammadi-Schriften in gedruckter Form vorlagen (mit Faksimile und Transkription), waren es insgesamt sechsundvierzig Bände.

Während die Qumran-Rollen aus der Zeit vor Jesu Erscheinen stammen, sind die Nag-Hammadi-Schriften unbestreitbar urchristliche Schriften, denn Jesus wird vielfach namentlich erwähnt und wörtlich zitiert. Wenn also irgendwelche neuentdeckte Schriften für den Vatikan hätten gefährlich werden können, dann wären es die Nag-Hammadi-Schriften gewesen, denn immerhin enthielten sie apokryphe Evangelien und Jesus-Worte. Doch die Herausgabe dieser Schriften wurde nicht verhindert, ebensowenig wie die der Qumran-Rollen. Auch wurden durch sie die bereits bekannten Evangelientexte nicht widerlegt oder als Fälschung entlarvt, sondern bestätigt und ergänzt. Dies wird von Baigent, Leigh & Co., wie nicht anders zu erwarten, geflissentlich unterschlagen.

Die neuentdeckten Nag-Hammadi-Texte wie auch biblischen Evangelien widerlegen die Jesus-Paulus-Spekulationen und die anderen antichristlichen Relativierungen. Ebenso widerlegen sie auch die christlichen Verabsolutierungen, denn sie zeigen Jesus als das, was er war und was er in seinen Selbstzeugnissen auch bestätigte.

2. Teil: Das Mysterium

Wir dagegen sind Bürger des Himmels. Von dorther erwarten wir auch unseren Retter, Jesus Christus, den Herrn. Er wird unseren schwachen, vergänglichen Körper verwandeln, daß er genauso herrlich wird wie der Körper, den er selbst bei seiner Auferstehung hat. Denn er hat die Macht, alles [sogar die Materie unseres physischen Körpers] seiner Herrschaft zu unterstellen“ (Brief an die Philipper 3,20 – 21).

Die Ausführungen über Jesus, seine Auferstehung und Himmelfahrt beruhen direkt auf den Schriften des Neuen Testamentes. Paulus sagt im erwähnten Zitat, der Körper des Menschen könne „genauso herrlich“ werden wie der Körper Jesu bei seiner Auferstehung. In der Apokalypse wird im Zusammenhang mit den beiden gesandten Zeugen prophezeit, diese würden ebenfalls vom Tod auferstehen und physisch in den Himmel aufsteigen (Offb 11,11 – 12), genauso wie Jesus.

Obwohl diese Erkenntnisse die christlichen (kirchlichen) Absolutheitsansprüche hinfällig machen, passen sie genau zu dem, was Jesus persönlich über sich sowie über seine Schüler und Nachfolger gesagt hat:
„Kein Blinder kann einen Blinden führen, sonst fallen sie beide in die Grube. Kein Schüler steht über seinem Lehrer. Aber wenn er ausgelernt hat, soll er wie sein Meister sein“ (Lk 6,40).
„Ihr habt alle Prüfungen mit mir durchgestanden. Dafür werde ich euch Anteil an der Herrschaft geben, die mein Vater mir übertragen hat. Wenn ich meine Herrschaft angetreten habe, werdet ihr an meinem Tisch essen und trinken …“ (Lk 22,28 – 30).
„Ich versichere euch: Jeder, der mir vertraut, wird auch die Taten vollbringen, die ich vollbringe. Ja, seine Taten werden meine noch übertreffen, denn ich gehe zum Vater. Dann werde ich alles tun, worum ihr bittet, wenn ihr euch dabei auf mich beruft. So wird durch den Sohn die Herrlichkeit des Vaters sichtbar werden. Wenn ihr euch auf mich beruft, werde ich euch jede Bitte erfüllen [und so wird es euch möglich sein, Taten zu tun, die meine noch übertreffen] “ (Joh 14.12 – 14).
Nicht verabsolutieren und nicht relativieren
„[Es gibt] sieben Söhne Gottes. Die ganze ins Dasein getretene Welt, außer dem erstgeschaffenen Sohne Gottes, ist nicht eine unmittelbare Schöpfung Gottes wie der erste Sohn, sondern ist durch den erstgeschaffenen Sohn, dem Gott die Schöpferkraft verlieh, ins Leben gerufen.“
– Mediale Erklärung eines hohen Lichtwesens (ca. 1920)#fn:6
Die angeführten Zitate, die sich gegen die Verabsolutierung Jesu richten, sollen Jesus aber auch nicht fälschlich relativieren. Verabsolutierung bedeutet zu behaupten, Jesus sei Gott und alle, die sich nicht zu Jesus bekehrten, seien verloren. Diejenigen, die dies behaupten, führen als Beweis folgende zwei Jesus-Aussagen an: „Ich und der Vater sind eins“ und „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater außer durch mich.“ (Joh 10,30; 14,6). Jesus sagt jedoch nicht Ich bin der Vater, sondern „Ich und der Vater sind eins“. Das ist ein entscheidender Unterschied, der leider von denjenigen, die fälschlich in Jesu Namen kommen, verkannt wird. Dadurch verwenden sie Jesus als Vorwand für ihre Absolutheits- und Machtansprüche. Das geschieht aufgrund von Ego-Motiven oder sogar aufgrund von Asura-Absicht, um die Menschen vom wahren Verständnis Jesu abzulenken.

Was Jesus mit diesen beiden Aussagen meinte, erläutert er unmißverständlich in jenen Lehren, die in den Kapiteln 12 bis 17 des Johannes-Evangeliums wiedergegeben sind:
„12,44 – 45: Wer mir vertraut, der vertraut nicht nur mir, sondern dem, der mich gesandt hat. Wer mich sieht, der sieht den, der mich gesandt hat.
12,49: Was ich euch gesagt habe, stammt nicht von mir; der Vater, der mich gesandt hat, hat mir aufgetragen, was ich zu sagen und zu reden habe.
13,13: Ihr nennt mich Lehrer und Herr. Ihr habt recht, das bin ich: Ich bin euer Herr und Lehrer.
14,28: … ich gehe zum Vater, denn er ist mächtiger als ich.
15,1;5: Ich bin der wahre Weinstock, und mein Vater ist der Weinbauer … und ihr seid die Reben.
17,11: O heiliger Vater, beschütze sie durch deine göttliche Macht, damit sie eins werden, so wie du und ich eins sind.
17,21 – 21: So wie du in mir bist und ich in dir, Vater, so sollen auch sie in uns eins sein. Dann wird die Welt glauben, daß du mich gesandt hast. Ich habe ihnen dieselbe Herrlichkeit gegeben, die du mir gegeben hast, damit sie so untrennbar eins sind wie du und ich.“
Wenn Jesus sagt „Ich und mein Vater sind eins“, sagt er damit eben gerade, daß er nicht der Vater ist. Er ist jedoch eins mit dem Vater, denn er ist ewig und untrennbar mit ihm verbunden, weil er in vollkommener Liebe seinen Willen kundtut: „Denn ich bin aus dem Himmel herabgekommen, nicht damit ich meinen Willen tue, sondern den Willen dessen, der mich gesandt hat“ (Joh 6,38). Jesus ist der Weg, die Wahrheit und das Leben und niemand kommt zum Vater außer durch ihn, weil Jesus vom Vater kommt und den Weg zum Vater weist. „Durch mich“ bedeutet: „Wenn ihr mich liebt, werdet ihr meine Weisungen befolgen … Wer meine Weisungen annimmt und sie befolgt, der liebt mich wirklich … Wer mich liebt, der wird sich nach meinem Wort richten; dann wird ihn auch mein Vater lieben, wir werden zu ihm kommen und bei ihm wohnen“ (14,15;21;23).

Die Anweisungen, die Jesus bringt, finden sich aber nicht nur in der Bibel! Sie sind in allen Gottesoffenbarungen der Welt zu finden, und in allen Religionen der Welt finden sich echte Gottgeweihte, die diesen Weisungen freiwillig und mit Liebe folgen. Sie gehen vollkommen auf dem Weg, den Jesus weist, obwohl sie dies vielleicht nicht direkt in seinem Namen tun. Jesus sagt hierzu: „Wer meine Weisungen annimmt und sie befolgt, der liebt mich wirklich.“ Es ist also durchaus möglich, daß ein „Heide“ Gott und Jesus mehr liebt als ein sogenannter Christ. Denn nur durch die echte Liebe des Folgens kommt man zum Vater, und auf diesem Weg zum Vater ist der Weg nicht verschieden vom Ziel, und weil Jesus der Weg ist, ist er auch nicht verschieden vom Vater, dem Ziel. Dies geht auch aus der neuen Einheitsübersetzung der besagten Schlüsselstelle hervor: „Ich bin der Weg, der zur Wahrheit und zum Leben führt. Einen anderen Weg zum Vater gibt es nicht. Wenn ihr mich kennt, werdet ihr auch meinen Vater kennen. Schon jetzt kennt ihr ihn und habt ihn gesehen“ (14,6 – 7).

Jesu Identität

„Ihr nennt mich Lehrer und Herr. Ihr habt recht, das bin ich: Ich bin euer Herr und Lehrer.“ Jesu wirkte unbestreitbar als Herr und Lehrer seiner Schüler und Schülerinnen und erfüllte dadurch die Rolle, die im Hebräischen mit dem Wort Rabbi und im Sanskrit mit dem Wort Guru bezeichnet wird. Tatsächlich wurde er von den Menschen, auch von den Aposteln, Rabbi genannt. Aber unter allen Gurus und Rabbis nimmt Jesus eine einzigartige Stellung ein, wie aus den Schriften und auch aus seiner großen Wirkung hervorgeht.

Jesus selbst offenbarte einige Hinweise über seine wahre Stellung innerhalb des Kosmos:
„Gott hat mir unbeschränkte Vollmacht im Himmel und auf Erden gegeben“ (Mt 28,18).
„Ich versichere euch, bevor Abraham geboren wurde, war ich schon da (oder: Ehe Abraham war, war ich)“ (Joh 8,58).
„Vater, gib mir nun wieder die Herrlichkeit, die ich schon bei dir hatte, bevor die Welt geschaffen wurde“ (Joh 17,5).
„Ich bin das Licht, das über allem ist. Ich bin das All. Das All ist aus mir hervorgegangen, und das All ist zu mir gelangt“ (Thomas-Evangelium 77a).
Diese hohe Identität Jesu wurde auch von den Propheten vorausgesagt, z. B. von Micha:
„Und du, Bethlehem im Gebiet des Stammes Ephrat, du kleinster unter den Gauen Judas, aus dir soll hervorgehen derjenige, der Herrscher in Israel [im Neuen Jerusalem] werden soll; sein Ursprung ist in der Vorzeit, in unvordenklichen Zeiten“ (Micha 5,2).
Dasselbe erkannten auch die Apostel, nachdem sie Jesus nach seiner Kreuzigung und Auferstehung in seiner verklärten Gestalt sehen und hören konnten. In ihren Briefen teilten sie ihre Erkenntnisse über die innere Identität Jesu den Gemeinden mit, denn diese hatten Jesus nie persönlich gesehen. Was sie sagen, entspricht genau den Selbstoffenbarungen Jesu und den Aussagen der alten Propheten:
„Er ist das Ebenbild des unsichtbaren Gottes, der Erstgeborene der ganzen Schöpfung; denn in ihm ist alles erschaffen worden, was in den Himmeln und auf Erden ist: das Sichtbare und das Unsichtbare, seien es Throne oder Hoheiten oder Gewalten oder Mächte [die verschiedenen kosmischen Rangordnungen der Ältesten, der Erzengel und der Engel im Universum]. Alles ist durch ihn und auf ihn hin erschaffen worden, und er ist vor Allem, und alles hat in ihm seinen Bestand.“ (Brief an die Kolosser 1,15 – 17)
„In der Vergangenheit hat Gott oft und auf verschiedene Weise durch die Propheten zu unseren Vorfahren gesprochen. Aber jetzt hat er am Ende dieser Tage zu uns gesprochen durch den Sohn, den er zum Erben von allem eingesetzt hat, durch den er auch die Welten gemacht hat. In dem Sohn Gottes erscheint die Herrlichkeit Gottes, denn er entspricht dem Wesen Gottes vollkommen, und durch sein machtvolles Wort trägt er das Weltall.“ (Brief an die Hebräer 1,1 – 3)
Diese Eigenschaften – unbeschränkte Vollmacht im Himmel und auf Erden; Herrlichkeit, bevor die Welt geschaffen wurde; der Erstgeborene der ganzen Schöpfung; der Sohn, durch den Gott die Welten gemacht hat – weisen aus der Sicht der vedischen Gottesoffenbarung auf eine einzigartige Identität hin: Brahmā (innerhalb der Trinität Viṣṇu-Brahmā-Śiva). Brahmā ist der direkte Sohn Gottes (Viṣṇus), durch den die gesamte Schöpfung im Universum vollzogen wird; er ist das erste Lebewesen im Universum und ging unmittelbar aus Gott, dem Urschöpfer, hervor. Brahmā ist der Demiurg des Universums, von dem die griechischen und gnostischen Schulen sprechen, und der Pantokrator, der „All-Schöpfer/All-Herrscher“, was in der christlichen Tradition ein bekannter Ausdruck ist, der immer direkt auf den „Sohn“ bezogen wird: Jesus Pantokrator. Brahmā ist sowohl Sohn als auch Vater, denn er ist der Vater des Universums, durch den alle Lebewesen in der Schöpfung erscheinen.

Brahmā ist kein einseitig männlicher Gott-Vater, sondern umfaßt auch einen vollkommenen weiblichen Aspekt: seine Gemahlin namens Sarasvatī. In der altjüdischen oder zumindest noch in der sumerischen Tradition wußten die Menschen namentlich um die Realität Brahmās und Sarasvatīs, ja diese Namen waren so bekannt, daß sich die Menschen sogar mit diesen Namen bezeichneten, ähnlich wie auch in Indien die Menschen heute noch Namen wie Krishna, Shankar, Kumar oder Siva haben. Dies zeigt sich insbesondere beim biblischen Stammvater, der aus der sumerischen Stadt Ur stammte. Dieser Stammvater hieß Abram (Abraham), und seine Frau hieß Sara (Sarai)!

Genauso wie der höchste Vater (Viṣṇu/Kṛṣṇa) regelmäßig auf der Erde erscheint, so erscheint auch Brahmā in einer Inkarnation (wörtlich: Fleischwerdung) auf der Erde: „Und das Wort ward Fleisch.“

Gemäß vedischer Gottesoffenbarung erschien Kṛṣṇa, der Vater, vor 5000 Jahren persönlich auf Erden und erschien vor 500 Jahren nochmals in einer versteckten Gestalt (Śrī Caitanya). Bevor der Vater erscheint, erscheinen immer auch Brahmā und Śiva in irgendeiner Gestalt, um das Kommen des Höchsten Herrn anzukünden und vorzubereiten, denn Viṣṇu, Brahmā und Śiva bilden in diesem Universum eine Trinität. Dies war auch im Vorfeld der Erscheinung vor 500 Jahren der Fall. Die Veda-Offenbarung identifiziert die Inkarnationen Viṣṇus und Śivas: 500 vor Christus erschien Viṣṇu als Buddha, und gut 500 nach Christus erschien Śiva als der große Lehrer Śaṅkara.#fn:7 Über eine Fleischwerdung Brahmās schweigen die Veda-Quellen.

Aus den Ereignissen im Zusammenhang mit dem Erscheinen Kṛṣṇas vor 5000 Jahren wissen wir, daß es Brahmā vorausgesagt wurde, er werde im folgenden Zeitalter nicht innerhalb, sondern außerhalb der vedischen Kultur geboren werden, und zwar in einer Familie von Fleischessern. Auch diese versteckte vedische Prophezeiung spricht für diese hohe Identität Jesu: er könnte eine Inkarnation Brahmās sein oder dann eine Inkarnation eines Brahmā-Sohnes, der zur Rechten seines Vaters sitzt. Dies könnte folgende Stelle im Hebräerbrief (1,3b – 4) erhellen:
„Weil er die Menschen von ihrer Sünde befreit, hat er sich im Himmel an die rechte Seite dessen gesetzt, der die höchste Macht hat, und steht so hoch über den Engeln, so wie die Würde, die Gott ihm gegeben hat, höher ist als deren Würde. (Zwingli-Bibel: … und er ist um so viel erhabener geworden über die Engel, als er ihnen voraus einen vorzüglicheren Namen ererbt hat.)“
Dies könnte weiter bestätigt werden durch die Tatsache, daß Jesus in neuen medialen Offenbarungen oft nicht nur Jesus oder Jeshua genannt wird, sondern in seiner höheren Identität auch Sananda. Dies ist ein Sanskritname, der in der Veda-Offenbarung sehr bekannt ist, und bezieht sich auf die ersten „Söhne“ Brahmās in der direkten Kumāra-Linie (Kumāra bedeutet im Sanskrit „erster Sohn; Prinz; Erbe des Vaters“).

Jesu einzigartige Position bestünde dann darin, daß er in die dichteste Materie hinuntergestiegen ist und mit seiner Auferstehung und Himmelfahrt die dreidimensional erstarrte Materie durchbrochen hat, um so die Höherschwingung und Transformation der Materie wieder einzuleiten. Die „Sünde“, von der Jesus die Menschheit befreit hat, wäre dann (in dieser Interpretation) der Fall der Menschheit in die dritte Dimension, die durch Luzifer verkörpert wird. Nur bei extremer Gottferne (im Kali-Yuga) fallen gewisse Seelen in die extreme Materieverdichtung der dritten Dimension, was durch das Erscheinungsbild der gegenwärtigen Menschheit in jeder Hinsicht bestätigt wird. Das würde auch erklären, warum Jesus heute eine solch entscheidende Rolle erfüllt: Er ist der göttliche Geist hinter der gesamten Transformation und Erlösung der Menschheit aus der dreidimensionalen Verdichtung bis hin zur höchsten, ewigen Befreiung aus der Materie, die er vor 2000 Jahren neu einleitete.

Die Identität als Brahmā oder Brahmā-Sohn würde viele von Jesu Aussagen über seinen Vater differenzieren, denn mit Brahmā wäre er tatsächlich eins. Brahmā ist der höchste Schöpfergott im Universum, aber nicht der Höchste Gott. Diese Differenzierung wird bei Jesus oft spürbar, wenn er vom Vater und von Gott spricht: Manchmal scheint er sich auf Brahmā und manchmal direkt auf den höchsten Gott zu beziehen.

Dieser Gedanke ist nicht neu. Er leitet sich direkt aus den Aussagen Jesu, der Propheten und der Apostel ab. Auch nachchristliche Gnostiker und Mystiker haben dieses Mysterium erahnt. Sie wurden von der späteren Kirche jedoch allesamt als Ketzer verteufelt und verdammt. Dies berichtet die Kirchenautorität Irenäus von Lyon im Buch Adversus haereses („Gegen die Häretiker“):
„Ein gewisser Kerinth [im 2. Jh.] aus der Provinz Asia lehrte, das Universum sei nicht von dem obersten Gott erschaffen worden, sondern von einer anderen Kraft, die durch weiten Abstand von der obersten Macht – sie ist über dem Universum – getrennt und entfernt ist.“
Als Jesus seinen Jüngern sagte, er hätte ihnen noch vieles zu sagen, konnten sich diese und erst recht die späteren Nachfolger nicht vorstellen, was Jesus meinte, als er „vieles“ sagte:
„Ich hätte euch noch vieles zu sagen, aber ihr könnt es jetzt nicht tragen. Wenn aber jener kommt, der Geist der Wahrheit, wird er euch in die ganze Wahrheit leiten; denn er wird nicht von sich aus reden, sondern was er hört, wird er reden, und das Zukünftige wird er euch verkündigen. Er wird meine Herrlichkeit sichtbar machen, denn aus dem Meinigen wird er es nehmen und euch verkündigen. Alles, was der Vater hat, ist mein; deshalb habe ich gesagt, daß er es aus dem Meinigen nimmt und euch verkündigen wird.“ (Joh 16,12 – 15)
Diese Aussage Jesu weist darauf hin, daß in Zukunft neue Offenbarungen durch den Geist der Wahrheit zur Menschheit gelangen werden, als Unterweisung und Begleitung der Menschen auf dem Weg der Transformation und Erlösung aus der dritten Dimension. Auch hinter dieser medialen Türöffnung wirkt der Geist der Wahrheit, der vom Vater durch das Medium des Sohnes offenbart wird. Wie sich in den vergangenen Jahrzehnten erwiesen hat, war Jesus oder Jeshua die Hauptquelle hinter den echten medialen Botschaften, die göttlichen Ansprüchen genügen (was lange nicht alle Channelings tun). Auch hier zeigt sich Jesu besondere Rolle in der globalen Transformation.

Das Tor ist offen

Die obigen Mutmaßungen über Jesu Identität beruhen direkt auf dem Zeugnis Jesu, der Propheten und der Apostel. Sie werden auch von vielen späteren Neuoffenbarungen bestätigt. Dennoch sind sie in dieser Konsequenz nur hypothetisch. Unbestreitbar jedoch ist, daß Jesus entsprechend dem Willen und dem Auftrag des Vaters eine Tür geöffnet hat, die den Menschen hohe und höchste Ziele erschließt:
„Ich habe euch eine Tür geöffnet, die keiner mehr zuschließen kann“ (Offb 3,8).
Die Öffnung dieses Tores zurück in die spirituelle Welt begann bereits vor dem Beginn des Kali-Yugas durch das Erscheinen Kṛṣṇas, wodurch sich Gott und die Gottesworte (Bhagavad-Gītā) neu offenbarten. Innerhalb des Kali-Yugas wurde die Menschheit von verschiedensten hohen und höchsten Gottgeweihten für die endgültigen Schritte zurück zu Gott vorbereitet, insbesondere durch den Gottessohn Jesus, der die Umkehr aus der dichtesten Materie einleitete und begleitete, bis zum heutigen Tag. Deswegen ist es nicht erstaunlich, daß die Asuras sich vor allem auf Jesus stürzten und versuchten, sein Wirken durch Institutionen, Irrlehren, Relativierungen und Verabsolutierungen unwirksam zu machen. Sie wissen, daß die geöffnete Tür von niemandem geschlossen werden kann. Aber sie wollen die Menschen derart ablenken, damit niemand merkt, daß die Tür offen ist. Dann bleibt sie zwar offen, aber niemand geht hindurch.

Diese Rechnung wird jedoch nicht aufgehen, weil schon viele Menschen durch diese Tür hindurchgegangen sind und weiterhin hindurchgehen. Und Jesus öffnete die Tür nicht nur für diejenigen, die hinauswollen, sondern auch für das Erscheinen Gottes, des Vaters, der von außen aus dem Reich des ewigen Lichtes in die Dunkelheit der materiellen Welt kommt …
  1. Betz, Riesner, S. 24f.
  2. zitiert in Baigent/ Leigh, S. 72
  3. „Christus als Pilz“ in: Der Spiegel, 30.6.1970; „Philologischer Pilz“, ebd. 26.4.1971
  4. Betz, S. 35
  5. Betz/Riesner, S. 99
  6. zitiert in Greber, S. 265, und Hinz, S. 73; siehe Literaturverzeichnis in Machtwechsel auf der Erde.
  7. Auch diese Vergleiche machen die hohe Identität Jesu glaubhaft, denn Jesus steht in seiner Wirkung Buddha und Śaṅkara in nichts nach, ja übertrifft deren Wirkung sogar. Siehe das Kapitel: „Buddha, Śaṅkara und Caitanya“ in Gott und die Götter.

Neues Buch von Armin Risi