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armin-risi.ch · Triskele
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Armin Risi
Philosoph • Autor • Referent
Radikal umdenken – neue Wege und Weltbilder
Dieses Interview erschien in der Zeitschrift raum&zeit (raum-und-zeit.com) in der Ausgabe 199 vom Januar/Februar 2016.
Dorothea J. May, Kreuth, im Gespräch mit Armin Risi, Zürich

Radikaler Mittelweg

Armin Risi: Philosoph eines ganzheitlichen Paradigmenwechsels

Der Schweizer Philosoph und Sachbuchautor Armin Risi ist ein Pionier des aktuellen Paradigmenwechsels, der, so Risi, „radikal“ sein müsse, sowohl in den Wissenschaften als auch in den Religionen – radikal im wörtlichen Sinn, „wurzeltief“ (von lat. radix, „Wurzel“). Dieser Weg müsse hinausführen über die Einseitigkeiten der heutigen Zeit zu einem neuen, ganzheitlichen Verständnis von Mensch, Gott und Natur. In diesem Interview lernen wir Armin Risi und einige seiner innovativen Denkansätze kennen, die wahre Brücken bauen können.
raum&zeit: Herr Risi, können Sie Ihren Tätigkeitsbereich beschreiben?
Armin Risi:
Ich bezeichne mich als Philosoph und Bewusstseinsforscher. So wie der Arzt ein Experte für verschiedene Krankheitsbilder ist, ist der Philosoph ein Fachmann für verschiedene Weltbilder. Welche Weltbilder liegen den heutigen Religionen, säkularen Strömungen und Wissenschaften zugrunde? Diese Frage beinhaltet auch die Herausforderung, dass man die Grundfragen der Wissenschaft und aktuelle Problemstellungen wie globale Krisen und religiöse Konflikte aus neuen, vielleicht ganz unerwarteten Blickwinkeln betrachten sollte. Wir kennen dazu den Ausspruch von Albert Einstein: „Probleme kann man nicht mit derselben Denkweise lösen, durch die sie entstanden sind.“

Wir leben in einer Welt mit zyklischen Entwicklungen. Das Neue wird alt, das Alte – in gewandelter Form – wieder neu. So können wir heute sehen, dass das älteste Wissen der Menschheit für die vorherrschenden Weltbilder revolutionäre Perspektiven eröffnet, weil dadurch sowohl die materialistisch-wissenschaftlichen als auch die dogmatisch-religiösen Weltbilder überwunden und in entscheidenden Punkten korrigiert werden können.
Die Realität höherer Dimensionen
raum&zeit: Was sind die Grundaussagen dieses „ältesten Wissens“?
Armin Risi:
Alle Religionen, esoterischen Schulen und indigenen Traditionen, so unterschiedlich sie sein mögen, stimmen in der einen großen Grunderkenntnis überein, dass unsere Welt nicht auf die physikalisch-materielle Erscheinungsform beschränkt ist. Die Lehrmeinung der materialistischen Wissenschaft beschränkt unsere Realität auf das Materielle und glaubt, es gebe nichts, was darüber hinausgehe. Damit wird auch impliziert, dass alle Wissenden und Eingeweihten der Vergangenheit einer Illusion unterlagen und sich selbst täuschten. All diese Menschen haben aber aus eigenem Anschauen und Erleben heraus, zum Beispiel durch außerkörperliche Erfahrungen, erkannt, dass es höherdimensionale Welten gibt und dass Geist über der Materie steht, was wiederum bedeutet: Das individuelle Bewusstsein erlischt nicht mit dem Tod; Bewusstsein kann unabhängig vom Gehirn existieren.

Dies wird auch durch die Forschungen der Parapsychologie, durch die vielen Nahtoderfahrungen#fn:1 und durch alle nicht-materialistischen Weltbilder bestätigt. Und die philosophische Auswertung zeigt, dass dies auch logisch viel mehr Sinn macht. Unsere „akademische“ Ausbildung ist heute leider extrem intellektuell und basiert auf Kopfwissen. Und da kommt es des Öfteren zu Totgeburten, also zu Theorien, die völlig am Leben und an der vielschichtigen Natur unseres Seins vorübergehen. Dabei ist der Begriff „akademisch“ von Platons Akademie in Athen abgeleitet – und dort wurden keine materialistischen Lehren vermittelt.

raum&zeit: Der Titel Ihres neuesten Buches lautet „Ihr seid Lichtwesen“. Wie kamen Sie auf diesen ungewöhnlichen Buchtitel?
Armin Risi:
Dies ist ein berühmter Satz von Jesus, meistens in der Übersetzung „Ihr seid Götter“ (Joh 10,34). Jesus zitierte damit einen Satz aus dem Alten Testament, aus Psalm 82, und setzte diesen Satz auf provokative Weise in einen neuen Zusammenhang, indem er ihn auf die Menschen bezog. Im Hebräischen steht dort: „Ihr seid elohim.“

Dieser Satz ist eine Zusammenfassung von dem, was ich für die Essenz des erwähnten ältesten und zeitlosen Wissens halte: Der Mensch ist ein geistiges Wesen. Das heißt, das Leben auf der Erde hat sich nicht aus Materie entwickelt, sondern aus den geistigen Urgründen des Kosmos heraus. Ich spreche hier von „Involution“. Die sichtbare, materielle Welt ist eingebettet in höhere, „unsichtbare“ Welten. Lichtwesen sind eine lebendige Realität, und auch der Mensch ist ursprünglich ein Lichtwesen, symbolisch und mythologisch, aber auch, so behaupte ich, biologisch und anthropologisch.
Vergangenheit ist der Schlüssel
raum&zeit: Ich zitiere dazu aus dem Rückentext dieses Buches: „Die Wissenschaft des Lebens, die in früheren Zeitaltern immer wieder verloren ging, wird heute ganzheitlich – im Zusammenhang des Materiellen mit dem Spirituellen – neu entdeckt. Archäologische Rätsel, altes Schamanen- und Mysterienwissen, Quantenphysik und Metaphysik: Unsere Vergangenheit ist der Schlüssel zur Zukunft“. Wie meinen Sie das – dass unsere Vergangenheit der Schlüssel zur Zukunft ist?
Armin Risi:
Das hat eine zweifache Bedeutung. Einerseits ist unsere Vergangenheit ein Schlüssel für unsere Zukunft, wenn wir das zeitlose Wissen, das unsere Vorfahren hatten, erfassen und in unsere heutige Zeit übersetzen. Das geschieht heute tatsächlich, denn viele Vordenker der Wissenschaft sprechen von Konzepten wie Parallelwelten, Multiversen und morphogenetischen Feldern, also von unsichtbaren Welten und höheren Dimensionen. Mit diesem neuen, holistischen Weltbild nähern sie sich dem, was die alten Mysterienschulen seit jeher lehrten und beschrieben: dass die physikalische Materie nicht die einzige Realität ist; dass die sichtbare Welt mit kosmischen Hierarchien verbunden ist; dass der Mensch, wie das Universum, multidimensional ist („wie oben, so unten“), also nicht nur einen physischen Körper, sondern auch einen feinstofflichen Körper hat.

Die zweite Bedeutung ist, dass wir, je nachdem, wie wir uns als Menschen definieren (inkl. Herkunft), unsere Zukunft gestalten. Wenn der Mensch als „Tier“ definiert wird, werden sich die Menschen anders verhalten, als wenn sie sich selbst (und die Erde mit allen Tieren und Pflanzen) als geistige Wesen erkennen. Wenn wir betrachten, wie die Menschen heute mit den Tieren umgehen, ist es nicht erstaunlich, dass die Weltgeschichte so viel Unmenschliches mit sich brachte und leider immer noch bringt, und das sogar in einem zunehmenden Maße.

Dies wird auch durch die Forschungen der Parapsychologie, durch die vielen Nahtoderfahrungen(1) und durch alle nicht-materialistischen Weltbilder bestätigt. Und die philosophische Auswertung zeigt, dass dies auch logisch viel mehr Sinn macht. Unsere „akademische“ Ausbildung ist heute leider extrem intellektuell und basiert auf Kopfwissen. Und da kommt es des Öfteren zu Totgeburten, also zu Theorien, die völlig am Leben und an der vielschichtigen Natur unseres Seins vorübergehen. Dabei ist der Begriff „akademisch“ von Platons Akademie in Athen abgeleitet – und dort wurden keine materialistischen Lehren vermittelt.

raum&zeit: Die heutige Wissenschaft definiert sich über einen „methodischen Naturalismus“, indem sie per Definition nur davon ausgeht, was empirisch nachweisbar oder falsifizierbar ist.
Armin Risi:
Alles ist von der Definition abhängig, auch die Frage, was wir unter dem Begriff Wissenschaft verstehen wollen. Man kann Wissenschaft über einen „methodischen Naturalismus“ definieren und Wissenschaft auf diese Weise betreiben. Aber ist die gesamte Realität, die Multidimensionalität des Kosmos und das Leben über diese Methode erforschbar und erfahrbar? Nein. Denn das Leben ist mehr als der „methodische Materialismus“ erfassen kann. Dieser geht aber davon aus, dass er das einzig adäquate Mittel ist, um „Realität“ zu erforschen. Natürlich kann mit dieser Methode geforscht werden – aber nur innerhalb ihrer eigenen Grenzen. Letztlich können wir Realität immer nur subjektiv (von uns, vom Subjekt, ausgehend) erfahren. Deshalb bedeutet ganzheitliche Wissenschaft, dass wir auch das Subjektive mit einbeziehen. Jeder, der die Ausbildung der Mysterienschulen durchläuft, wird für sich die entsprechende Erkenntnis gewinnen und beispielsweise eine außerkörperliche Perspektive einnehmen können und sogar die höheren Welten „besuchen“ können. Das ist wiederholbar, aber nicht auf eine mechanistische Weise und auch nicht mit einem einseitig-exklusiven Intellektualismus.
Karma
raum&zeit: Sie würden also Reinkarnation und Karma bestätigen? Karma ist jedoch, so wie viele es verstehen, auch eine sehr umstrittene Position. Der Kabarettist Uwe Steimle sagte vor kurzem: „Wer Flüchtlingsströme produziert, der hat Krieg gesät“ – frei nach der Bibel: „Wer Wind sät, wird Sturm ernten.“
Armin Risi:
Mit diesen Themen verlassen wir das Gebiet des materialistisch definierten Weltbildes. Für mich sind Reinkarnation und Karma eine Realität, aber Karma muss richtig verstanden werden. Wenn Karma falsch, also fatalistisch verstanden wird, sagt man – um das obige Beispiel aufzugreifen –, dass die Flüchtlinge und diejenigen, die Krieg in ihrem Land haben, sich diese „Erfahrung“ ausgesucht haben. Manchmal klingen die „esoterischen“ Ausführungen sogar so, als wenn die Opfer genau gleich schuldig sind wie die Täter, wobei meistens sogleich hinzugefügt wird, dass es letztlich sowieso keine „Schuld“ und keine „Sünde“ gebe, denn „alles ist eins“. Es würde hier zu weit führen, auf dies alles einzugehen. Ich habe ganze Bücher dazu geschrieben, zum Beispiel „Einheit im Licht der Ganzheit“ und „Licht wirft keinen Schatten“.

Kurz zusammengefasst ist Karma das Gesetz von Aktion und Reaktion auf der Grundlage der Polarität von Ursache und Wirkung. Im ganzheitlichen Verständnis erkennen wir, dass Karma nicht einfach Prädestination (Vorbestimmung) ist. Prädestination finden wir in der „Reaktion“, aber in der „Aktion“ ist immer auch der freie Wille ein Faktor. Das heißt, wir schaffen mit unseren Handlungen neue, prädestinierte Situationen. Was wir in dieser Situation dann tun, ist wieder – mehr oder weniger – von unserem freien Willen abhängig.
Licht, Trennung und Dunkelheit
raum&zeit: Sie machen hierbei auch eine interessante Unterscheidung zwischen Licht und Dunkelheit. Oft wird ja gesagt, beide Seiten seien gleich wichtig oder gleichwertig, denn man dürfe nicht werten.
Armin Risi:
Es ist nicht das Licht, das die Dunkelheit erzeugt. Das, was sich dem Licht entgegenstellt und sich vom Licht ausgrenzt, erzeugt die Dunkelheit. Dunkelheit ist das Gegenteil von Licht, aber Licht ist nicht das Gegenteil von Dunkelheit, weil die Trennung nur von der Seite der Dunkelheit kommt. Solange wir ein Bewusstsein der Trennung aufrecht erhalten, bleiben wir getrennt, und wer sich von der Quelle trennt, muss seine „Energie“ woanders holen – bei anderen Lebewesen! Das ist der archetypische Grund für Gewalt, Ausbeutung, Kriege usw. Wenn wir diese Trennung (falsche Identifikation mit Religionen, Gruppierungen, Ideologien usw.) überwinden, sind wir wieder im Licht. Wer hier sagt, man dürfe nicht werten, wertet selbst, denn er impliziert mit dieser Aussage, dass Nicht-werten besser sei als Werten.
Wiedergeburt
raum&zeit: Mich interessiert das Thema Reinkarnation besonders, da ich bei den QHHT Reisen nach Dolores Cannon, die ich auch hier im Ausbildungszentrum naturwissen begleite, unfassbare Geschichten mit den Reisenden erlebe.
Armin Risi:
Wenn wir die materialistischen Weltbilder hinter uns gelassen haben, ist Reinkarnation die naheliegendste und logischste Antwort auf die Fragen unseres Erdenlebens. Das sagt auch Eben Alexander nach seiner Nahtoderfahrung in seinem zweiten Buch. Wir tauchen in die Materie ein, und wenn wir sterben, tauchen wir wieder auf. Es gibt also nicht nur ein Leben nach dem Tod, sondern auch ein Leben vor der Geburt. Gleichzeitig sagt uns die Bhagavad-Gītā, die Bibel des Hinduismus, dass die Reinkarnation der Seele eine relative Sichtweise ist, die sich nur aus der Sichtweise der Materie ergibt. Die Seele selbst ist, entsprechend dieser theistischen Lehre, ewig und lebt nicht in der Polarität von Vergangenheit und Zukunft, sondern immer in der Gegenwart, im lebendigen Jetzt:
„Für die Seele gibt es weder Geburt noch Tod. Sie ist nicht entstanden, entsteht nicht und wird nie neu entstehen. Sie ist ungeboren, ewig, immerwährend und urerst. Sie stirbt nicht, wenn der Körper stirbt.“ (Bhagavad-Gītā 2.20)
Aus dieser Sicht ist es also durchaus möglich, Seelenreisen zu machen, und diese können auch in frühere Leben und in andere Welten führen. Wie ich vorhin schon sagte, sind solche geistigen Erfahrungen immer subjektiv. Jeder Mensch muss dies für sich selbst erfahren, aber man kann natürlich gegenseitig über diese Erfahrungen sprechen. So wird das subjektive Wissen zu einem vielfach bestätigten Erfahrungswissen und zu einem lebendigen Wissen, und damit sind wir wieder beim „ältesten“ Wissen, das als Erfahrungswissen von Generation zu Generation weitergegeben wurde. Dieses älteste Wissen hat das Potenzial, in der heutigen Zeit Impulse zu vermitteln, die zu einem tiefgreifenden Paradigmenwechsel führen.

raum&zeit: Von Herzen bedanke ich mich bei Ihnen für das Gespräch. Ich fühle dies ebenso: Wir sind Lichtwesen – und wir können alle Licht ins Dunkel bringen. Wie schon Leonard Cohen sang: „There’s a crack in everything. That’s how the light gets in ...“#fn:2
  1. Siehe zum Beispiel: Eben Alexander: „Blick in die Ewigkeit – Die faszinierende Nahtoderfahrung eines Neurochirurgen“, Ansata Verlag 2015
  2. „In allem gibt es einen Riss, und so kommt das Licht herein …“ aus: Leonard Cohen: „Selected Poems, 1956–1968)

Neues Buch von Armin Risi