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armin-risi.ch · Triskele
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Armin Risi
Philosoph • Autor • Referent
Radikal umdenken – neue Wege und Weltbilder
Dieses Interview erschien in der Zeitschrift Lichtwelle (Bern, lichtwelle.ch) in der Ausgabe Winter 2004/5.

Interview mit der Schweizer Zeitschrift Lichtwelle

Armin Risi hat während vieler Jahre indische Philosophie und die Sanskritschriften studiert und setzt in seinen Büchern dieses alte Wissen in Bezug zur aktuellen Weltsituation. Auf diesem Planeten ist er eine der erwachenden Seelen, die die Religion des Herzens leben, die wissen, wovon sie sprechen, und die ihr Wissen im Leben auch umsetzen. In diesem Interview gibt er uns einen lebendigen Einblick in seine Weltsicht und seine Erfahrungen.

Lichtwelle: Ich danke dir, Armin, für deine Bereitschaft, uns ein Interview zu geben. – Hier gleich die erste Frage: Du bist uns bekannt als brillanter Autor über indische Philosophie, vor allem auch über die Veden, über verschiedene Weltanschauungen. Bitte stelle dich unserer Leserschaft kurz vor: Wer bist du sonst noch?
Armin Risi:
Ich habe meinen Weg nicht begonnen mit dem Ziel, Bücher zu schreiben. Mit 18 Jahren bin ich kurz vor der Matura sozusagen aus dieser Gesellschaft ausgestiegen. Auf die verblüfften, zum Teil verständnislosen Fragen der Lehrer, was ich denn machen wolle, antwortete ich: „Ich weiß nicht, was ich will. Ich weiß nur, was ich nicht will.“ Damals habe ich wirklich alles offen gelassen, mich frei gemacht für Neues. Ich spürte, daß ein wichtiger neuer Schritt bevorstand. Und was dies war, hat sich dann relativ rasch gezeigt, und es war etwas für mich völlig Neues: Ich kam mit der indischen Philosophie und mit den Sanskritschriften in Kontakt, wodurch sich mir eine neue Welt eröffnete. Mir war irgendwie von allem Anfang an klar, daß die alten Kulturen ein Wissen hatten, welches die Menschheit heute verloren hat, daß die Vergangenheit also anders war, als uns erzählt wird, und daß auch die Zukunft anders sein wird. Ich hätte nie gedacht, daß mein Weg mich in ein Klosterleben führen würde. Doch genau das geschah. Anfänglich dachte ich, daß ich vielleicht ein halbes Jahr dort verbringen würde, eine Art Schnupperaufenthalt im Kloster. Es sind dann allerdings 18 Jahre daraus geworden. Nach einem halben Jahr wußte ich einfach: Ich muß mir diese Zeit nehmen, egal wie lange es dauert. Ich war sogar bereit, wenn nötig auch ein ganzes Leben im Kloster zu bleiben. Ich bin dadurch an verschiedene Themen herangekommen und konnte mir selber eine Grundlage erarbeiten. Dabei war meine Frage immer: Was ist die Botschaft dieser alten Quellen für den Menschen heute? Es ging mir darum, das Gute daraus zu behalten, ohne aber an diesen Systemen hängen zu bleiben.

Du hast immer den Bogen zum Heute gemacht?
Ja, einfach zu mir selbst. Ich bin ja der heutige Mensch und habe mich gefragt: Wieso lese ich alle diese Bücher? Wieso wurden sie geschrieben? Was bringt das mir und dem heutigen Menschen?

Jetzt, wo du diese 18 Jahre Klosterleben hinter dir hast, wo du selbst verschiedene Bücher geschrieben hast – was hat dir das alles persönlich gebracht?
Der Kern dieser Bücher, heiligen Schriften und Traditionen hat mich dazu gebracht, daß ich heute unabhängig und frei von diesen Systemen meinen Weg gehen kann. Wenn man zum Kern all dieser Wissenssysteme vordringt, dann spürt man, daß es eigentlich immer darum geht, den Menschen in die Freiheit zu führen. Es heißt auch in der Bibel: „Die Wahrheit macht euch frei.“ Die Frage ist: frei wovon? Frei von Abhängigkeit, frei von Beschränktheit, frei von Fanatismus, frei von Angst … Das ist ein sehr zentraler Punkt.

Wie lebst du heute diese Freiheit in deinem persönlichen Alltag?
Ich habe mir sehr bewußt vorgenommen, daß ich mich nie mehr irgendwelchen Institutionen oder Organisationen anschließen werde. Sie haben alle ihren Vorteil und ihre Berechtigung. Aber das neue Bewußtsein wird nicht institutionell organisiert sein müssen, sondern die Menschen werden aus einer höheren geistigen, inneren Verbundenheit zusammenarbeiten. Dazu braucht es keine äußere Dachorganisation, welche den Menschen sagt, was sie glauben dürfen und was nicht. So ist es möglich, in die Eigenverantwortung zu kommen und von außen her zu schauen, was in der Welt abläuft, sei es globalpolitisch, religiös oder spirituell … Dann muß man keinen fremden Interessen dienen und muß sich nicht von den Erwartungen anderer abhängig machen, sondern kann wirklich den Weg der Eigenverantwortung von innen heraus gehen.

Darf ich dich fragen, wie du heute ganz persönlich diese freie Spiritualität lebst?
Ein wichtiger Punkt, den ich erfahren durfte, ist eigentlich eine der Kernaussagen für die heutige Zeit: „Wo zwei oder drei in meinem Namen zusammenkommen, bin ich mitten unter ihnen.“ Wir haben ja alle unsere innere geistige Verbindung und Führung. Die Frage ist nur, wie weit wir uns dessen bewußt sind. Und das ist die Art, wie ich heute Spiritualität lebe, nämlich daß ich mir Zeit und Raum gebe für dieses „zwei oder drei in meinem Namen“. Aus dieser inneren Verbindung heraus bekomme ich auch Inspiration und Klarheit im Hinblick auf das, was ich im Außen tue, angefangen von der Art des Meditierens und Betens, die sich in der jeweiligen Gegebenheit anbietet, bis hin zu dem, was wir für die Welt, für die Erde und die Menschheit tun können. Das macht mich flexibel – die äußere Form meiner Spiritualität ist heute anders als vor fünf Jahren und kann sich auch in Zukunft wieder wandeln. Das ist der Vorteil, wenn man nicht von Dogmen, Vorgaben und Glaubenssystemen gebunden ist.

War es für dich notwendig, diesen ganzen Systemen und Weltanschauungen so tief auf den Grund zu gehen, nur um dich dann von ihnen frei zu machen?
Es war sehr hilfreich für mich, gerade als junger Mensch, zuerst eine Form von traditioneller und institutioneller Spiritualität kennen zu lernen. Das Klosterleben zeichnet sich dadurch aus, daß es sehr diszipliniert ist, auf eine Art auch rigide. Es gibt nicht viel Freiheit, sondern man fügt sich als Novize und Mönch in das Kollektiv ein. Das war eine wichtige Schulung, die mir dann auch wieder half, die nächsten Schritte machen zu können. Immer wieder fragte ich mich: Was will ich eigentlich? Von dem, was ich im Kloster gelernt habe, konnte ich auch praktisch viel lernen und mitnehmen.

Ich möchte auf die vedische Philosophie zu sprechen kommen, die du ja intensiv studiert und auch in deinen Büchern dargestellt hast. Welche Aspekte davon sind heute für uns westliche Menschen wichtig?
Es war der Aspekt der spirituellen Individualität, der mich am meisten berührt hat. Im Indischen zeigt sich sehr deutlich der Unterschied zwischen dem theistischen und atheistischen Monismus (wobei Atheismus durchaus okkulte und auch esoterische Formen haben kann). In der vedischen bzw. „vishnuitischen“ Strömung der indischen Mysterienschulen wird besonders hervorgehoben, daß der Atman, unser geistiges Selbst, ewig und individuell ist – individuell im wörtlichen, ursprünglichen Sinn von „unteilbar“ und „ungeteilt“, d. h. transzendent zur Dualität. Erlösung und Erleuchtung bedeuten demnach nicht, daß man die eigene Individualität verliert. Die Realität jenseits der Dualität wird hier nicht bloß als eine abstrakte, „neutrale“ Einheit von Energie gesehen, sondern als In-Dividualität. Gottesbewußtsein bedeutet demnach, daß wir unsere eigene Individualität und die absolute Individualität Gottes im Bewußtsein der Liebe erfahren können: im gleichzeitigen Gegenübersein und Einssein. Diese Offenbarung und persönlich erlebbare Mystik hat mich sehr angezogen, gerade zum Beispiel im Vergleich mit dem Buddhismus, der mir als viel abstrakter und „leerer“ vorgekommen ist.

Die Auseinandersetzung mit den verschiedenen Philosophien und das Schreiben der Bücher darüber erfordern eine enorme mentale Kapazität. Gleichzeitig nehme ich bei dir jetzt im Gespräch auch die andere, mehr intuitive Seite wahr. Wie siehst du das?
Das so genannt Theoretische habe ich nie als etwas Trockenes erlebt. Im Vedischen sagt man ja, daß man Philosophie nicht nur theoretisch studieren kann wie an einer Universität, sondern daß man sie auch leben muß. Wenn man Philosophie nur theoretisch studiert, ist das etwa so, wie wenn jemand Kochbücher studiert, aber selber nicht kocht. Für mich waren die Philosophiebücher wie eine Art Kochbücher oder, ein anderes Beispiel, wie Musikpartituren: Man kann ein virtuoser Notenleser sein, aber eigentlich geht es um die Musik: daß man die Musik zu hören bekommt und sie auch selber spielen kann. Bei der Musiktheorie geht es also um etwas ganz Praktisches, nämlich darum, daß man lernt, ein Instrument zu spielen. Und genau darum ging es mir beim Studium der Sanskritschriften. Ich wollte lernen, das „Instrument“ zu spielen.

Dann hast du das Kloster aber wieder verlassen?
Ja. Mir wurde recht bald bewußt, daß ich nicht für immer in einem klösterlichen Umfeld leben werde. Das wurde von uns auch nicht erwartet, anders als in einem katholischen Kloster, wo ein Mönch den Schwur ablegt, bis ans Ende seines Lebens im Kloster zu bleiben. Das war im vedischen Kloster nie der Fall. Man lebt zwar zölibatär, aber man entscheidet selber, wie lange man so leben will. Es ist fast normal, daß man das Kloster einmal wieder verläßt. Ich lebe heute nicht mehr zölibatär, sondern in einer Partnerschaft.

Und ist es so, daß du heute die Spiritualität genau so leben kannst, wie du es für richtig hältst, ohne dazu zölibatär leben zu müssen?
Auch während meiner Mönchszeit wußte ich innerlich, daß ich meine Hauptaufgabe einmal nicht alleine, sondern in einer Partnerschaft ausführen würde. Die Beziehung von Mann und Frau ist heute ein zentrales Thema bei der Heilung unseres Planeten. Heilung geschieht, wenn diese Beziehung wieder ins Gleichgewicht und dadurch in eine spirituelle Harmonie kommt, denn global gesehen hat sie (die Beziehung von Mann und Frau) über Jahrtausende hinweg schwer gelitten, und dies war und ist – direkt oder indirekt – die Ursache für die Mißstände auf der Erde. Deshalb muß auch die Heilung von hier aus geschehen. Und das ist auch der Punkt, wo jeder etwas tun kann.

Das Männliche und das Weibliche trägt ja auch jeder Mensch in sich. Wie siehst du das? Geht es auch um den inneren Ausgleich dieser beiden Aspekte, was sich dann in der äußeren Beziehung widerspiegelt?
Ich denke, die Beziehung von Mann und Frau konnte überhaupt erst manipuliert und instrumentalisiert werden, als die Menschen, Männer und Frauen, selber innerlich aus dem Gleichgewicht gefallen sind. Deshalb braucht es für die Heilung der Erde Männer und Frauen, die selber die innere Harmonie und Ganzheit gefunden haben. Erst dann wird eine spirituelle Partnerschaft möglich, eine Partnerschaft, die nicht nur eine Versorgerbeziehung oder eine Fun-Gemeinschaft ist, sondern eine Verbindung, in der man sich gegenseitig wirklich weiterbringt. Praktisch gesehen, ist dies der Unterschied zwischen „ich brauche dich“ und „ich liebe dich“.

Kannst du noch etwas mehr dazu sagen, was für dich eine spirituelle Partnerschaft ist?
Sie ist das höchste Mysterium der Schöpfung. Wenn zwei ganzheitliche Menschen zusammenkommen, entsteht eine heilige Atmosphäre. Diese schafft ein Umfeld, in dem Menschen einander näher kommen können als in irgendeinem anderen Umfeld. Auch uns selbst können wir sonst nie so nahe kommen. Man öffnet sich nie jemandem gegenüber so sehr wie in dieser Form von Beziehung. Dadurch kann eine reine, ja die höchstschwingende Form von Atmosphäre entstehen. Dabei kommen wir wie von selbst mit unseren geistigen Begleitern in Kontakt. Wir können gegenseitig füreinander ein Tor öffnen, was wir – in dieser Form – alleine nicht können. Wenn Menschen dies einander geben können, ist dies eine innere Einweihung in „die Priesterschaft der Liebe“. Das Schöne daran ist, daß dies allen möglich ist. Es ist eine dynamische Liebe, die verschiedenste Formen annehmen kann und nicht vom Alter abhängig ist. Gerade auch ältere Menschen können sich hier neue Dimensionen eröffnen, denn Liebe kann – und soll – nicht beim ersten Verliebtsein stehen bleiben.

Wie kann eine solche hohe Schwingung im Alltag aufrechterhalten werden, wo man sich manchmal gegenseitig über Kleinigkeiten aufregt?
Wenn wir den anderen Menschen, den wir lieben, in der spirituellen Atmosphäre des Zusammenseins „in meinem Namen“ als das Lichtwesen, das er bzw. sie ist, wahrnehmen und erleben können, dann bekommen wir eine viel tiefere Beziehung und einen ganz anderen Respekt. Natürlich lassen sich auch dann all die menschlichen Unvollkommenheiten nicht gänzlich vermeiden, z. B. daß man mal genervt oder ego-bezogen reagiert. Aber weil man in einer spirituellen Partnerschaft eine ganz andere Grundlage hat, kann man sich auch in Krisensituationen immer wieder in dieser Atmosphäre zusammenfinden und von dort heraus die Themen angehen und lösen. Konflikte können dann in einem positiven Licht gesehen werden, denn Konflikte sind eigentlich nichts anderes als Situationen, in denen man sich gegenseitig eigene Schwächen oder Verletzungen offenbart – und diese kann man dann liebevoll angehen, konstruktiv, lösungsorientiert, ohne Vorwürfe und Verurteilungen. Dann offenbaren sich Krisensituationen als eine Chance, sich auch von dieser Seite her in Liebe zu begegnen, wodurch neue Aspekte des Vertrauens, der Innigkeit und der Liebe entdeckt werden können, die man ohne die ungewollte Krise vielleicht nicht entdeckt und erlebt hätte.

Du hast vorhin erwähnt, du habest bereits während deiner Zeit im Kloster gespürt, daß du deine Aufgabe einmal nicht alleine erfüllen wirst. Was siehst du als deine Aufgabe?
Wenn wir gottesbewußt sind, dienen wir alle demselben Ziel. Doch wie sich dieses Dienen äußert ist absolut individuell. Die Themen, über die wir gerade sprechen, erfordern eine praktische Umsetzung. Das gemeinsame harmonische Wirken von Mann und Frau war ein Thema, das mich auch in meinen zölibatärsten Zeiten bereits stark beschäftigt hat, vor allem angesichts der patriarchalen, männerbeherrschten Strukturen. Früher habe ich auch einmal für eine gewisse Zeit als Vegetarier-Apostel gewirkt. Natürlich, eine bewußte und fleischlose Ernährung kann sehr hilfreich und unterstützend sein, doch ich erkannte im Lauf der Zeit, daß ich dort auf einem Nebenschauplatz „kämpfte“. Es ging hier nicht so sehr um die Ursachen, sondern vielmehr um Wirkungen. Wenn die Menschheit ein bestimmtes Bewußtsein entwickelt, werden all diese gewaltbetonten, gefühllosen Handlungsweisen von selbst aufhören. Das Zentrale ist also das Bewußtsein, und hier kann und muß jeder bei sich selbst anfangen. Wir können nicht die „anderen“ verändern, aber wir können an den eigenen zwischenmenschlichen Beziehungen arbeiten und durch die Heilung dieser Beziehungen ein geistiges Kraftfeld der Liebe schaffen, einen Lichtankerpunkt, ein Lichttor in diese Welt. Das ist etwas, das jeder Mensch konkret tun kann. Dieser Raum hier wäre dunkel, wenn es keine Fensteröffnungen gäbe. Die Öffnungen selbst müssen nichts anderes tun, als da zu sein, sie brauchen keinen Riesenaufwand zu betreiben, damit das Licht hereinkommt. Sie müssen einfach hier sein und – natürlich – rein sein, damit sie durchsichtig bleiben. In diesem Sinne sind auch wir Lichttore. Oder, genauer gesagt, wir sind nicht nur Lichttore, wir sind selber Lichtwesen. Von daher müssen wir in dieser Welt gar nichts anderes tun als das sein, was wir sowieso schon sind, nämlich Lichtwesen, Strahlen Gottes. Und aus diesem Bewußtsein heraus können wir sehr viel tun. Man sitzt also nicht einfach den ganzen Tag herum und freut sich, daß man ein Lichtwesen ist, sondern man wird sehr aktiv. Aber man wirkt nicht aus einem egogetriebenen Macherbewußtsein heraus, sondern aus einem ruhigen, gottvertrauenden Bewußtsein heraus, weil wir wissen, daß wir Teil einer viel größeren göttlichen Harmonie sind, in der wir einen harmonischen Ton verkörpern dürfen.

Wie gehst du mit den schwierigen Themen auf diesem Planeten um, Themen wie Machtstreben, Gewalt usw.?
Diese Frage könnte man noch prägnanter formulieren: Wird man selber nicht fast wahnsinnig, wenn man all den Wahnsinn in dieser Welt sieht? Dazu muß ich sagen: Ja, ich würde wahnsinnig, wenn ich meinen würde, ich müsse das ändern. Als ich am Buch Machtwechsel auf der Erde arbeitete und in ganz bestimmten, sehr geschützten Momenten die dunkelsten Punkte beschrieb, kam eine sehr tiefe Ruhe und eine sehr tiefe Erkenntnis in mir hoch: Mir wurde plötzlich bewußt, daß ich das gar nicht ändern muß. Ich hatte das Buch zu schreiben begonnen, weil ich gemeint hatte, ich müsse das Beschriebene ändern. Nun merkte ich, daß das Entscheidende nicht die Veränderung des Äußeren ist, da diese Veränderung gar nicht möglich ist, wenn nicht zuerst die Menschen individuell für sich die gewünschte Veränderung im Inneren vollziehen, und diese Menschen werden dann auch die Veränderung im Äußeren erleben und mitgestalten. Das ist eigentlich eine selbstverständliche Erkenntnis, aber das konkrete Erkennen der vielschichtigen, praktischen Tragweite ist doch nochmals etwas ganz anderes. Es geht um die innere Entscheidung und Ausrichtung, im Gottesbewußtsein zu leben und aus diesem Bewußtsein heraus zu handeln, egal was im Äußeren auch noch geschehen mag. Die Veränderung des Äußeren darf nicht eine Bedingung für unser Gottvertrauen sein. Man könnte sagen: Die einen arbeiten im Abbruchkommando, im destruktiven Bereich, und wir können diesen Abbruch nicht stoppen und müssen es auch nicht. Während jene destruktiv tätig sind, bauen wir bereits etwas Neues auf, damit wir nicht bei Null anfangen müssen, wenn rundherum vieles kollabiert. Auf diese Weise können wir unscheinbar wunderbar auch in der äußeren Welt wirken, denn unsere Wirksamkeit ist nicht davon abhängig, daß wir hohe politische Ämter bekleiden.

Wie siehst du dann die vielen Bewegungen, die sich für den Weltfrieden einsetzen?
Wir leben heute in einer sehr zweischneidigen Welt. Vieles kommt im Namen des Lichts und neuerdings vor allem auch im Namen des Friedens daher, wobei oft nicht klar ist, was unter dem Begriff „Friede“ eigentlich verstanden wird. „Friede“ kann von gewissen Mächten auch sehr egobezogen definiert sein. Das Chaos, das heute auf dem Planeten herrscht, hat System und soll letztlich den Verursachern dienen. Alle Angstmacherei, alle Konflikte geschehen, weil gewisse Menschen dies wollen. Wenn wahrhaftig niemand dies möchte, dann würde es nicht geschehen. Doch offenbar wollen gewisse Kreise genau dieses Chaos, um dann daraus eine egoistische Machtstruktur, am liebsten eine weltumspannende Macht, eine „Weltordnung“ durchsetzen zu können. Friede bedeutet hier nichts anderes, als daß nur noch eine Macht herrscht. Und solche machtbedürftige Menschen können von einem friedlosen Chaos profitieren, indem sie in der Rolle des Retters, des Friedensstifters oder des Welterlösers auftreten. Das ist eine Gefahr, vor der schon lange gewarnt wird, nicht nur in der Bibel, und sie kann leicht unterschätzt oder verkannt werden, nicht zuletzt auch im Bereich der Esoterik.

Du warst früher Schüler eines Gurus. Hast du heute selber auch Schüler?
Ich vermeide bewußt jegliche Beziehung einer Lehrer-Schüler-Abhängigkeit, denn die Menschen, die auf uns zukommen und eine solche Beziehung suchen, haben meistens falsche Erwartungen. Dies zeigt sich vor allem dann, wenn sie nicht das bekommen, was sie sich erhofften. Sie gehen enttäuscht weg und sagen: „Der ist ja gar nicht so spirituell, wie ich gemeint habe.“ Projektion kann sehr schnell in Frustration, manchmal sogar in Aggression umschlagen. Oder in Abhängigkeit, wenn der „Lehrer“ in das Rollenspiel einsteigt und die Projektionen zuläßt oder sogar nährt. Ich persönlich habe die Thematik der Guru-Schüler-Beziehung jahrelang aus nächster Nähe studiert und selbst erlebt. In meinem konkreten Fall bin dann nicht nur ich ausgestiegen, sondern auch der Guru. Das hat das Ganze etwas dramatischer, aber auch gründlicher gemacht.

Wenn Lehrer eine Machtstellung einnehmen, kann dies sehr schnell zu einer ungesunden Dynamik führen. Dies gilt nicht nur für den indischen Kulturbereich, wo die Guru-Position vielfach sehr offen ausgelebt wird, sondern auch für unsere Breitengrade, wo das alles viel fließender ist und nicht so offen präsentiert wird. Aber auch hier kann man dieselben Mechanismen finden. Daher versuche ich, auf diese Gefahren aufmerksam zu machen und auf die individuelle Spiritualität hinzuweisen.

Bedeutet individuelle Spiritualität dann, daß man keine Lehrer mehr braucht?
Nicht unbedingt. Mein Punkt ist, daß die individuelle Spiritualität die Grundlage von Reife und Selbständigkeit ist, und wenn solche Menschen zusammenkommen, können keine abhängig machenden Beziehungen entstehen. Dann kann man auch zu anderen Lehrern gehen und wird gemäß dem Gesetz der Resonanz mit entsprechenden Menschen zusammenkommen. Dann ist echtes Lernen möglich. Ansonsten können „Lehrer“ und „Schüler“ in eine subtile gegenseitige Abhängigkeit geraten. Ein Beispiel hierfür wäre, wenn jemand von sich behauptet, einen hohen geistigen Auftrag zu haben, und damit Menschen an sich bindet. Dies kann sich darin äußern, daß diese Beauftragten sagen, sie hätten einen direkten Kanal zur geistigen Welt und die geistige Welt wolle, daß man mit ihnen zusammenarbeite und daß man sich nicht vom Ego von diesem großartigen Angebot ablenken lassen solle. Wer hier einsteigt, gerät in ein Abhängigkeitsverhältnis, in dem kaum mehr eine kritische Distanz möglich ist, denn man möchte ja nicht „im Ego“ sein. Also bleibt man dabei, hofft auf die versprochenen Wunder und bezahlt nochmals und nochmals. Meistens braucht es eine Eskalation, damit sich einzelne Individuen wieder freisprengen können. – Wenn Menschen jedoch frei von solch ungesunden Strukturen zusammenkommen können, dann können sie wirklich voneinander lernen und gemeinsam etwas bewegen.

Ich habe aber gesehen, daß du Seminare gibst. Was ist der Inhalt dieser Seminare?
Was ich mache, sind Vorträge und Tages- oder 2-Tagesseminare, also nicht lehrgangmäßige Kurse, die sich über ein Jahr oder mehrere Jahre erstrecken. Es handelt sich um ein Zusammenkommen von Menschen, die die jeweiligen Themen vertiefen wollen. Grundlegend geht es um die Schulung des philosophischen Differenzierens. Wie kann ich unterscheiden, ohne zu urteilen? Was ist atheistische, was ist theistische Esoterik? Was sind die Inhalte und Konsequenzen der verschiedenen philosophischen Weltbilder? Und so weiter. Durch diese philosophische Bewußtwerdung ist es möglich, das Verständnis von Wahrheiten zu vertiefen, die wir meistens bereits intuitiv gewußt haben. Gerade deshalb ist es sehr hilfreich, dies alles auch einmal in einer konkreten und systematischen Ausformulierung zu hören. Denn das Rationale und das Intuitive schließen sich in keiner Weise aus. Ganz im Gegenteil, das eine ohne das andere kann leicht zu einer Einseitigkeit führen.

Das alles sind auch die Themen deines neuen Buches Licht wirft keinen Schatten. Was werden nun deine nächsten Themen sein?
Auch bei meinen Seminarthemen ist alles in Entwicklung. Vor fünf Jahren hatte ich andere Themen als heute, und so werde ich auch in Zukunft wieder andere Themen haben. Das Hauptthema bleibt aber die individuelle Spiritualität und die praktische Umsetzung, insbesondere in Hinsicht auf das „zwei oder drei in meinem Namen“. Hier werde ich nicht mehr als Einzelreferent auftreten, sondern zu zweit, was natürlich auch eine ganz andere äußere Form der Seminare nach sich ziehen wird, vielleicht ganz konkret die Arbeit mit Paaren zum Thema Mann-Frau-Beziehung. Es wäre keine Einführung, aber eine Hinführung zur Priesterschaft der Liebe und zur inneren Einweihung, denn dies sind Erfahrungen, die man nur selbst machen kann. Wer solche Erfahrungen gemacht hat, kann diese Inspiration auch weitergeben. Es geht nicht darum, daß man andere Menschen in den eigenen Kreis von „zwei oder drei“ holt, sondern daß man andere Menschen ermutigt, ebenfalls die innere Einweihung von „zwei oder drei“ zu erleben. In diesem Zusammenhang spricht die geistige Welt von einer „Kettenreaktion der Liebe“. Wenn man selbst innerlich berührt ist, springt der Funke wie von selbst, ausgelöst durch Schlüsselerlebnisse, durch die man konkret erlebt, daß es stimmt: „… bin ich mitten unter ihnen“.

Hast du ein Beispiel für ein solches Schlüsselerlebnis?
Ja. Solche Schlüsselerlebnisse sind möglich, insbesondere wenn „zwei oder drei in meinem Namen“ zusammenkommen. So kam es zu meinen wichtigsten Schlüsselerlebnissen. Das muß man dann gar nicht in Worte fassen, denn man hat es erlebt. Wir spüren plötzlich: „Jetzt weiß ich endlich, was die Lichtwesen – die inkarnierten und die nichtinkarnierten – meinen, wenn sie von Liebe sprechen.“ Jeder Mensch hat die Chance, das zu erleben, ohne äußere Einweihungen und institutionelle Würden. Wir haben schon so viele frühere Leben durchlebt, haben zum Teil sehr spektakuläre und aufwendige Initiationswege beschritten, für die Pyramiden und solche Dinge nötig waren. Das alles brauchen wir heute nicht mehr, denn das haben wir ja bereits gemacht. Heute geht es darum, all die Initiationen, die wir bereits durchlaufen haben, zur Essenz zu bringen. Diese ist verblüffend einfach und für das Ego ziemlich unspektakulär, nämlich einfach das Mysterium der göttlichen Liebe. Dies ist etwas ganz Konkretes, denn dann – und erst dann – können wir unterscheiden und erkennen, was aus dieser göttlichen Liebe kommt und was nicht. Denn in der heutigen Zeit gibt es viele Schatten. Aber Licht wirft keinen Schatten …

Hier möchte ich einen Bogen spannen zum Thema dieser Lichtwelle: „Tore des Lichts“. Wenn du diese Erfahrungen der Liebe beschreibst, kommt mir das vor wie ein Tor ins Licht.
Ich glaube, es gibt kein Lichttor, das eine größere Transformation im Leben der Beteiligten bewirkt – und somit auch global –, als wenn Menschen in diesem Bewußtsein zusammenkommen. Dadurch kann jede Gruppenarbeit und auch die persönliche Meditation, die wir alleine ausführen, neu befruchtet und ermächtigt werden. In diesem Sinn nehme ich auch an globalen Friedensmeditationen und Toröffnungsmeditationen teil: „… bin ich mitten unter ihnen“. Durch dieses Gottesbewußtsein und Christusbewußtsein gehen wir in Resonanz mit den hohen und höchsten Lichtwesen, damit sie mit ihrem Licht verstärkt in die Dunkelheit des gegenwärtigen Zeitalters einwirken können. Denn sie wirken gemäß Resonanzgesetz nur durch eine Bewußtseinsfrequenz, die ihrer Bewußtseinsfrequenz entspricht. Da braucht man keine Magie und keinen Okkultismus und keine gesonderte Invokation, um irgendeine „Schattenentfernung“ zu beschwören. Durch die „Magie“ der Liebe entstehen die geistigen Samen, aus denen die ganze Transformation der Menschheit erwächst. Wenn sich immer mehr Menschen mit solchen Erfahrungen global zusammenschließen in einer „Kettenreaktion der Liebe“, dann ist es nur noch eine Frage von kurzer Zeit, bis der zündende Funke springt und das Kollektiv so weit ist, daß auch in der äußeren Welt ein Quantensprung geschieht.

Vielen Dank für dieses spannende Interview.

Neues Buch von Armin Risi